Tschüs, LINKE
Von MATHIAS WEDEL
Vom Vater hab ich die Statur, vom Mütterchen die Frohnatur«, so war es bei Goethe. Bei mir war es genauso. Väterlicherseits wurde ich als Kommunist geboren, was die Mutter, besonders als ich noch im Kindergartenalter war, gern ins Lächerliche zog. 1989, als ich 18 Jahre lang bei den Kommunisten gewesen war (ich Idiot hatte immer gedacht, meine SED-Genossen seien alle Kommunisten – beim Finale waren wir aber nur noch knapp zwei Dutzend), durfte ich zum ersten Mal zu einem Parteitag fahren. Allerdings war das auch der letzte.
Gefühlt tagten wir von Mariä Empfängnis (8. Dezember) bis Nikolaus, vorzugsweise nachts, damit uns keiner sehen sollte, in der zugigen Berliner Werner-Seelenbinder-Halle. Es war chaotisch, viele Anwesende weinten, aber nicht gemeinsam, sondern zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Tonlagen, schrien durcheinander – vor allem Verwünschungen gegen ihren Genossen Egon, der todesmutig erschienen war – oder beklagten sich, weil es nicht »wie früher« ein Pausenbuffet gab. Ich erinnere mich vor allem an Durst (damals führte man noch keine Softdrinks mit sich). In den Pausen strebten wir an die Wasserhähne und die Pinkelkeramik.
Dann kam die Nacht der »Geheimsitzung«. Bekanntlich hat auch Chruschtschow auf einer Geheimsitzung mit Stalin abgerechnet. Das wollten wir mit Honni nun genauso machen, sozusagen symbolisch – ein Symbol, das die Werktätigen allerdings erst hinterher bewundern sollten, denn die Sitzung war ja geheim (Handys gab es noch nicht, in der ganzen Halle nur ein Telefon, auf das Hans Modrow die Hand hielt).
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