Lebt eigentlich Georg Fahrenschon noch?

Er war angetreten, um gründlich aufzuräumen. Das Aufräumen forderte seine ganze Energie – nur zu menschlich, dass ihm da bei der privaten Buchführung dieser oder jener Lapsus unterlief – Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giro-Verbands (DSGV), Chef der 387 Sparkassen im Land. Seine Steuererklärung penibel zu machen, fiel ihm erst wieder ein, als ihm einige Leute böswillig Steuerhinterziehung unterstellten. Dereinst war Fahrenschon erst in den Bundestag, dann in den bayerischen Landtag eingezogen.

Wegen seines steilen Aufstiegs nannte man ihn das Glückskind aus Oberbayern. Da war er schon Finanzminister unter Seehofer. Der war jedoch überrascht, wenn nicht gar erbost von Fahrenschons Plänen, in die Sparkassenwelt zu wechseln: Mit ihm ging der geliebte Kronprinz, dem der beim Chef verhasste Söder ins Finanzministerium folgte. Manche meinen, dass Seehofer dem verlorenen Sohn diese Fahnenflucht nie verziehen hat.

Bei der Sparkasse zeigte sich Fahrenschon als furchtloser Modernisierer – er schuf den Online-Bezahldienst Paydirekt (das deutsche Paypal, das keiner kennt), Kwitt (die Rohrkrepierer-App für Handyüberweisungen), Yomo (die Konto-App für junge Leute, die nicht wissen sollen, dass sie Sparkassen-Kunden sind) und YES (der angekündigte Identifikationsdienst, der seit Sommer 2017 auf sich warten lässt).

Mit all diesen Taten wurde er so berühmt, dass er schon als nächster Bundespräsident gehandelt wurde (immerhin hatte schon Horst Köhler den Sprung von der Sparkasse ins Schloss Bellevue geschafft).

Doch seltsamerweise genau einen Tag vor seiner Wiederwahl als Verbandspräsident im November 2017 geschah etwas Rätselhaftes: Fahrenschons Steuererklärung, hieß es, weise gewisse Schönheitsfehler auf. Er wurde angezeigt – Seehofers Rache?

Im Frühjahr hat er seine Stra – fe kassiert – 140 Tagessätze Buße. Bei einem Mann mit seinem Tagessatz ist das sehr viel Geld, auch wenn die Strafe einigen CSU-Leuten nicht hoch genug sein dürfte. Das Gericht sah das anders: Es rechnete diesem großen finanzpolitischen Talent an, dass es über der ganzen Affäre seinen geliebten Job verloren hatte. Nun lebt er, zurückgezogen und vollkommen traumatisiert, auf seinem Luxusanwesen ein karges Dasein als Millionär.

Bernhard Spring