Ein Anruf bei Friedrich Merz

Herr Merz, was ist denn los bei Ihnen? Da ist ja ein gewaltiger Lärm im Hintergrund. Soll ich später noch mal anrufen?

Nein, nein, wir können gerne etwas plaudern. Das passt gerade ganz gut, wir sind sowieso noch eine Stunde unterwegs.

Wohin geht’s denn und wer ist »wir«?

»Wir«, das sind Ali eins, Ali zwei, Ali drei und ich. Wie die drei wirklich heißen, will ich gar nicht wissen, das macht sie sonst zu menschlich. Und ich muss mir ja die Sache nicht unnötig schwer machen. Ich bin schließlich irgendwo auch Christ.

Sitzen Sie gerade am Steuerknüppel Ihres Flugzeugs?

Selbstverständlich. Ich muss ein wenig an meinem Image arbeiten, hat man mir gesagt. Das Volk hat wohl laut einiger Umfragen den Eindruck, ich sei ein versnobter Banken-Lobbyist, dessen Anbiederungsversuche an den tumben Reaktionär von nebenan zu Fremdscham und Ekel führen. Und da wollte ich zeigen, dass ich auch mal selbst anpacken kann, wenn mein Deutschland mich braucht. Deshalb habe ich der Bundespolizei angeboten, diese drei ausreisepflichtigen Alis höchstpersönlich in die Schweiz zu fliegen.

Sie helfen also gerade dabei, drei Schweizer abzuschieben?

Ich denke nicht, dass das Schweizer sind. Aber die Schweiz ist das vom Sauerland aus näheste sichere Herkunftsland, das nicht in der EU ist. Außerdem wollte ich nicht unbedingt europäischen Luftraum verlassen. Ich bin zwar ein guter Pilot, sagt meine Frau, aber in den meisten Weltgegenden schwirren mir momentan zu viele Flugabwehrraketen herum. Das ist mir zu unsicher. Obendrein komme ich mit einer Tankfüllung hin und zurück und kann, wenn ich schon da bin, auch gleich noch das ein oder andere Geschäftliche erledigen. Alles legale Geschäfte, versteht sich. Ehrlich.

    Anzeige

Und die Bundespolizei hat Ihnen einfach drei abgewiesene Asylbewerber überlassen?

Nicht so explizit. Manchmal braucht es eben Pioniere. Das ist der amerikanische Unternehmergeist, der mir hierzulande meist zu kurz kommt. Einfach mal machen, ganz unbürokratisch.

Man hört die drei im Hintergrund lachen. Wissen die, dass Sie sie abschieben wollen?

Natürlich nicht, sonst würden die sicher nicht so friedlich da hinten hocken, gell, Alis? Ich habe sie vor dem Bahnhof aufgelesen, jedem hundert Euro in die Hand gedrückt und ihnen mit Händen und Füßen zu erklären versucht, dass ich sie zu meinem Urologen nach Zürich fliege. Denn wie jeder weiß, kommen die ja alle nur nach Deutschland, um sich mal wieder ausgiebig die Prostata abtasten zu lassen.

Die wissen also nicht, dass Sie sie in Zürich zurücklassen werden?

Scheiße. Ich glaube, das haben sie jetzt doch verstanden. Man hatte mir versichert, einen Termin für einen Deutschkurs zu bekommen sei noch schwieriger als einen Zahnarzttermin zu ergattern. – Ganz ruhig, meine Herren, es handelt sich um ein Missverständnis! – Tut mir leid, ich muss das Telefonat an dieser Stelle leider beenden und da vorne auf dem Acker zwischenlanden. Auf Wiederhören!

GF

    Anzeige

Kolumnen

  • Das Genie
    Er hält sich für ein Genie. Einer, der alles kann, der in allem bewandert ist, der sich mit Zählen von der Langeweile ablenkt. Er sitzt am Fenster.
  • Ein Anruf bei Theodor Weimer
    Herr Weimer, Sie sind Chef des mehr oder weniger monopolartigen Wettanbieters »Hessens größtes Zockerbüdsche« und …
  • Geschichte mit Soße
    Herr Mehlhorn war ein begeisterter Forscher. Seine Spezialität bestand darin, alles, was für andere feststand, noch einmal zu hinterfragen und umzukrempeln.
  • Ein Anruf bei Christian Lindner
    Herr Finanzminister, wie sehr stimmen Sie der folgenden Aussage zu: »Die Deutschen sind ein faules Dreckspack«?
  • Sprüche fürs Leben
    Mütter prägen oft Sätze, die einen das ganze Leben lang begleiten. Wenn ich früher mit meinen Brüdern am Wochenende im Wohnzimmer saß und im Fernsehen den Spätfilm anschaute …
  • Ein Anruf bei Bärbel Bas
    Frau Bas, Sie haben nach einem Medienbericht über rechtsextreme Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten im Bundestag gesetzliche Regelungen zum Schutz des Parlaments ins Spiel gebracht.