Das Genie

Er hält sich für ein Genie. Einer, der alles kann, der in allem bewandert ist, der sich mit Zählen von der Langeweile ablenkt. Er sitzt am Fenster. Draußen stehen drei Autos. Das ist wie ein Zwang, so etwas zu zählen. Drei Autos. Er flüstert die Zahl. Eine heilige Zahl. Drei Kreuze. Jesus ist nach drei Tagen auferstanden. Drei. Und plötzlich sieht er die Zahl überall. Er schreckt auf, weil ein Auto wegfährt. Weggefahren wird. Er korrigiert rasch seinen Gedanken. Dann zählt er die Wagenkolonne. Keine Kolonne. Zwei Autos. Blitzschnell ging das. Weil er ein Genie ist. Zwei Autos. Ein Paar. Könnte das ein schwules Paar sein? Oder ist ein Wagen eine Frau, einer ein Mann? Ja, darüber reden sie nie in den Medien. Er aber. Er könnte rausgehen und die Wagen abtasten. Feststellen, was Sache ist.
Welcher Auspuff länger und größer ist. Der Gedanke erregt ihn. Als Genie kann er sich selbstverständlich auch in ein Auto verlieben. Weil er über den normalen Moralvorstellungen steht. Zwei Autos. Es erschreckt ihn selbst, in welchem Tempo er solche mathematischen Aufgaben löst. Gleich wird er sich hinlegen. Und um einzuschlafen, wird er als Genie natürlich keine Schafe zählen. Sondern Hunde, die auf Schafe achten. Ein Hund, zwei Hunde … Ob die Hunde manchmal Auto fahren? Und wenn ja, in einem oder in zwei Autos? Vielleicht fahren die dann alle gemeinsam weg, die Hunde und die schwulen Autos. Wie soll ein Genie nur einschlafen, bei so schwierigen Fragen?
GR

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