Ganz neu – Der Deutschlandpakt

Seine Regierungszeit neigt sich dem Ende zu, und noch immer ist Olaf Scholz nicht unbeliebt. Da kannst du rumfragen, wo und wen du willst, im Freibad, beim Seniorensonntagsfrühstück auf dem Horst-Wessel-Platz in der Gesamtgemeinde oder beim Bundespresseball: Über Olaf Scholz kein böses Wort! Kohl hatte man zur Mitte seiner ersten Amtszeit längst mit Hitler, Himmler oder Darmkrebs verglichen, Schröder war der Wiedergänger von Ebert/Noske/Scheidemann, die Rosa Luxemburg erschlagen ließen. Merkel war die FDJ-Mutti mit dem Dederonbeutel, aber auch schon mal – im verbündeten Italien – in SS-Uniform zu sehen.

Nein, unbeliebt ist Scholz nicht. Aber keiner mag ihn. Nicht einmal Leute, die von Berufs wegen dazu verpflichtet wären, wie Kevin Kühnert, Saskia Esken oder sein Friseur. Oder seine Frau Britta. Die soll nur ein einziges Mal zu Scholz (wie dieser selber berichtete) gesagt haben: »Olaf, so geht das nicht weiter.«

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Am Bittersten für Scholz ist: Über Scholz wird nicht gelacht! Im ganzen World Wide Web – nicht ein Olaf-Witz! Die Künstliche Intelligenz versagt beim Thema »Witze über Olaf Scholz« kläglich, weist lediglich darauf hin, dass ihr diese Person nicht bekannt sei. Sicherlich, Witzbolde haben ihn als Lügner entlarvt (denn über eine Lüge ist er ins Amt gekommen, als er leugnete, einem Großbankier ein Steuergeschenk gemacht zu haben). Auch die Augenklappe gab Anlass für Schadenfreude.

Das war’s aber auch schon. Witze, wie sie unter Lebensgefahr über Hitler und – weniger gefahrvoll – über Ulbricht gemacht wurden: Fehlanzeige. Es gibt nicht mal Witze nach dem Strickmuster »Putin, Scholz und der Chinese Xi treffen sich im Himmel«, die es seit hundert Jahren gibt – anstelle von Scholz ist da eher die Baerbock dabei. Man kann bis Ausschankschluss in einer Berliner Eckkneipe sitzen – dann schwankest du, angefüllt von Bier und Zoten, nach Hause. Aber der Name Scholz fällt dort nicht ein einziges Mal! Nicht mal als Kosename, z.B. »das Arschloch«.

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Ein Politiker, über den das Volk nicht lacht, ist nicht einmal eine Unperson – also einer, den man einfach übersieht –, sondern eine Nichtperson. Er löst sich auf. Seinen Namen hört und liest man, aber man fühlt nichts dabei, keine Liebe, keinen Ekel, keine Tötungsfantasien. »Über ein Nichts kann man nicht lachen«, sagt Sigmund Freud in »Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten«. Oder wie der Berliner sagt: »Gar nicht erst ignorieren!«

Aber dumm ist er nicht, der Scholz. Er will nicht bei Wikipedia als Mann ohne Eigenschaften enden. Sein gesamtes Regierungshandeln ist ein Schrei nach Liebe, oder wenigstens körperlicher Nähe. Zuerst bat er flehentlich, die Bürger, gleich welchen Geschlechts oder welchen Migrationshintergrunds, mögen sich wechselseitig und bitte gern auch bei ihm »unterhaken« (vor allem, um im Winter 22/23 nicht zu erfrieren). Politik als schweißiger Körperkontakt.

Als diese Bitte unerwidert blieb, suchte er zwanghaft den »Schulterschluss«. Den probierte er zuerst an Christian Lindner aus. Der durchschaute den Übergriff und verheiratete sich demonstrativ mit einer Frau. Dann folgte nach mehreren Wummsen und Doppelwummsen zur Militarisierung der imperialistischen BRD die »Fortschrittskoalition«, wahrscheinlich in einer Meseberger Gebetszelle erfunden. Die »Fortschrittskoalition« war der ayurvedische Stuhlkreis, in dem jeder jede ungestraft anfassen darf. Sie scheiterte, als Ricarda Lang dazukam (immer war ein Stuhl zu wenig).

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Und jetzt der »Deutschlandpakt«. Alle machen Liebe mit allen – Merz mit Habeck, Linnemann mit Lisa Paus, Dobrindt mit Prof. Lauterbach. Nur Gauck ist altersbedingt draußen. Und die Annalena, die lässt gerade Kerosin ab. Schade, dem Deutschlandpakt fehlt es an Frauen, denn die Wagenknecht und die Weidel wurden gar nicht erst angefragt. Die Weidel kommentierte aus der Deckung, dass den Deutschlandpakt die NPD erfunden habe. Was wohl heißen soll, wenn Scholz schon mal eine Idee hat, dann ist sie geklaut.

»Hier funktioniert doch überhaupt nichts!«, hörte ich neulich einen Defätisten aus seiner inneren Emigration heraus vor einem zugeklebten Fahrkartenautomaten räsonieren.

»Doch«, sagte ich, »der Deutschlandpakt.« »Ha«, rief er, »Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!« Unter lautmalerischem Aspekt kommt das sogar hin.

MATTI FRIEDRICH

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