Ein Anruf bei Sigmar Gabriel

Herr Gabriel, Sie sind demnächst Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank. Wie kam es dazu?

Seit meinem Ausscheiden aus der Politik hatte ich neben meinen Hobbys als Vorsitzender der »Atlantik-Brücke«, Berater, Gastdozent und Autor ein wenig Zeit, darüber nachzudenken, was ich mal machen will mit meinem Leben. Und da lief im Internet zufällig diese Serie über eine große deutsche Bank. Die hat mich sehr inspiriert. Die vielen Intrigenspielchen und nicht zuletzt die Nacktszenen haben mich schließlich überzeugt, dass so was genau der richtige Job für mich ist.

Aber das läuft doch im echten Leben nicht wirklich so ab.

Herrje, sind Sie naiv. Sie glauben vermutlich auch noch, dass die SPD eine Partei für die Arbeiterklasse ist.

Diese Unterstellung verbitte ich mir! Das glaubt niemand. Viele Leute glauben aber, dass Sie nicht genug Fachkenntnis besitzen, um im Aufsichtsrat der Deutschen Bank zu sitzen.

Da sitzt auch der Frank Bsirske. Und wenn der Verdi-Chef fürs Rumsitzen 300 000 im Jahr bekommt, habe ich die erst recht verdient. Schließlich war ich mal Vizekanzler und habe ausgezeichnete Kontakte bis nach ganz oben. Bald sogar bis nach oben in die Deutsche Bank.

Hätten Sie nicht in Ihren alten Beruf als Lehrer zurückgehen können? Lehrer sind fast so gesucht wie Aufsichtsratsmitglieder. Vielleicht hätten Sie im Unterricht sogar eine neue Frau kennengelernt. Hat ja schon mal geklappt.

Darüber habe ich nachgedacht, aber die Sektempfänge, zu denen man als Lehrer eingeladen wird, fallen meist nicht so üppig und delikat aus, wie ich und mein Magen es gewohnt sind.

Die Musikindustrie hat Sie ebenfalls nicht gereizt? Als ehemaliger Pop-Beauftragter der SPD hätten Sie wichtige Impulse liefern können.

Als Vater bin ich tatsächlich nah dran an der Jugend. Voll angesagt ist aktuell dieser eine Künstler da, wie hieß der noch? Ritter Rost. Das läuft bei uns rauf und runter. Aber das ist mir zu elektronisch. Ich stehe eher so auf die rockigen Sachen. Vielleicht erstelle ich die Playlist bei der Aktionärsversammlung im Mai.

Dort müssen Sie noch gewählt werden.

Ich bin zuversichtlich, schließlich habe ich den ein oder anderen arabischen Großaktionär hinter mir, deren Wunschkandidat ich war. Schon die Ankündigung, dass ich bald im Aufsichtsrat sitze, hat die Aktie der Deutschen Bank um mehrere Cent steigen lassen. Das ist nicht zuletzt zum Wohle der SPD. Auch deren Wähler wissen ja aktuell nicht mehr, wo sie ihr vieles Geld anlegen sollen. Für die habe ich jetzt einen Tipp: Aktien der Deutschen Bank!

GR

Aus dem EULENSPIEGEL 03/2020