Borschtsch und Sauerkraut

Nach dem gemeinsamen Podcast von Karl-Theodor zu Guttenberg und Gregor Gysi ist es die Internet-Sensation des Jahres: Der russische Präsident Wladimir Putin und der beliebte Entertainer Wolfgang Lippert gehen fortan wöchentlich mit ihrem Audioformat »Borschtsch und Sauerkraut« auf Sendung. Wir haben in die erste Ausgabe hineingehört.

Lippert: Bevor sich unsere Hörer wundern, sagen wir es lieber gleich: Wir duzen uns. Also, hallo Wladimir.

Putin: Hallo Lippi. Soll ich die Geschichte erzählen, wie wir uns damals kennengelernt haben, oder möchtest du?

Das erzähle ich gern selbst: Es war 1988, als ich die Show »Ein Kessel Buntes« im Kulturpalast in Dresden moderierte. Da hast du mir, nachdem ich gemeinsam mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Gunter Emmerlich und Nana Mouskouri meinen großen Hit »Erna kommt« performt hatte, persönlich einen schönen Strauß mit Nelken auf die Bühne gebracht.

So war es. Ich war schon immer kulturinteressiert und war dankbar für die einmalige Gelegenheit, den großen Lippert live zu sehen. In das Dresden der 80er-Jahre kamen nun auch nicht jeden Tag Künstler deiner Kragenweite. Deshalb wollte ich mich eigenhändig bei dir bedanken. Deine damaligen Platten gehören noch immer zum Besten, was die deutsche Liedkunst je hervorgebracht hat.

GUIDO SIEBER

Das hast du schön gesagt. Apropos, dein Deutsch hat sich seit unserem letzten Treffen deutlich verbessert. Wie kommt das?

Danke, dass dir das aufgefallen ist. Bis vor Kurzem haben mich die endlosen Telefonate mit Olaf Scholz fit gehalten. Nachdem diese ausblieben, litt auch mein Deutsch. Deshalb habe ich vor ein paar Monaten angefangen, täglich 15 Minuten mit der Duolingo-Sprachlern-App zu üben. Das schult die
Sprachfähigkeiten ungemein. Hör mal, wie schön ich jetzt sagen kann: »Der Bär trägt keine blauen Schuhe.«

Super, fast ohne Akzent. Seit der Spezialoperation in der Ukraine ist ja nun doch viel direkte Kommunikation zwischen Deutschen und Russen verlorengegangen. Ich will da jetzt gar nicht im Detail drauf eingehen, wer schuld daran ist. Mich interessiert viel mehr, ob du noch ein bisschen mitbekommst, was hier in Deutschland passiert?

Es interessiert mich schon, aber ich verfolge nicht mehr alles. Derzeit liegt mein voller Fokus auf der Präsidentenwahl Mitte März. Es ist einer meiner ganz großen Träume, die Geschicke Russlands weiter lenken zu dürfen und für meine Russinnen und Russen da zu sein. Aber ein wenig aus Deutschland bekomme ich selbstverständlich mit. Den Layla-Song vor einiger Zeit fand ich spitze und ein paar Auszüge des neuen Programms von Oliver Pocher, in dem er das Scheitern seiner Ehe aufarbeitet, habe ich natürlich auch gesehen. Meine Güte, diese Amira scheint mir, bei allem Respekt, wirklich eine ausgewachsene Schlampe zu sein. Wenn ich die rhetorischen Fähigkeiten von Oliver hätte, dann würde ich vielleicht auch das ein oder andere über Ljudmila auf der Bühne erzählen. Aber was machst du denn so, Lippi? Immer noch der alte Popelfresser und Hundeklötenkrauler?

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Äh, hähähä, da weiß ich jetzt gar nicht, was du meinst …

Schon gut. Dazu musst du nichts sagen. Als KGB-Mitarbeiter in der DDR bekam man einiges mit, was wir jetzt nicht in der Öffentlichkeit breittreten müssen. Ich werde auch nichts über deinen späteren Umgang mit dem ZDF-Führungspersonal erzählen, von dem ich in unseren Akten gelesen habe …

Es macht mir gar nichts aus, darüber zu sprechen: 1992 übernahm ich ja bekanntlich die größte Unterhaltungsshow im deutschen Fernsehen und musste mich an viele Gepflogenheiten im Westen erst noch gewöhnen. Als ich nach meinem ersten »Wetten, dass..?« unter der Mitarbeiter-Dusche stand, habe ich plötzlich etwas Warmes an meinem Oberschenkel gespürt. Der damalige ZDF-Intendant Dieter Stolte hat mich einfach angepinkelt und meinte, das gehöre dazu. Ich sei nun sein Moderator.

In Russland haben wir mittlerweile Gesetze gegen so etwas …

Nun ja, es war eben eine andere Zeit. Mit meinem heutigen Wissen hätte ich sicherlich anders reagiert. Wenigstens hätte ich meine Anwälte die Verträge checken lassen. Solche Extra-Services hätten sicherlich gesondert honoriert werden müssen.

Heutzutage wissen wir, dass wir ständig auf der Hut sein müssen. Ich habe in meinem langen Politikerleben Dinge erlebt, lieber Lippi, die kannst du dir einfach nicht vorstellen. Das war schon früher anstrengend, aber heute wird alles sogar noch schnelllebiger. Da ist es super wichtig, auch mal die Akkus aufzuladen. Ich verbringe deshalb gerne zwischendurch ein paar Tage in der Natur. Wenn ich die Präsidentenwahl gewinne, möchte ich ein halbes Jahr durch Südost-Asien backpacken. Die Amtsgeschäfte muss dann eben mal der Doppelgänger übernehmen.

Das kann ich gut verstehen. Für mich ist die Moderation von »Riverboat« beim MDR ja schon stressig. Ein Großreich zusammenzuhalten ist sicherlich viel anstrengender. Hast du Tricks, wie du nach einem harten Arbeitstag entspannen kannst?

Es hilft, alles nicht so bierernst zu nehmen. Früher hätte ich lange wach gelegen, wenn eine militärische Operation zeitweise nicht ganz so gut läuft. Heute weiß ich, dass ich auch an mich denken muss. Ich meine, wie soll ein Volk dich lieben, wenn du dich nicht selbst lieben kannst? Deshalb gönne ich mir hin und wieder etwas Gutes. Ein leckeres Essen, eine Nackenmassage oder ich schaue mir noch mal den Flugzeugabschuss von diesem Koch auf Video an.

Hast du eigentlich noch einen Hund?

Klar, diesen Nawalny lasse ich nie wieder raus. Haha, Spaß beiseite. Ich habe sogar viele Hunde. Dieser treue Blick, wenn sie deine Befehle ausführen, berührt mich. Das Gefühl kann mir nicht mal Gerd Schröder geben, wenn er mich besucht und mir freundschaftlich am Ohrläppchen herumkaut.

Das macht der?

In einer Männerfreundschaft sollte das doch eine Selbstverständlichkeit sein. Ich genieße solche und ähnliche Zärtlichkeiten gern auf eine absolut platonische Art und Weise. Schröders Frau achtet immer darauf, dass Gerd gepflegte dritte Zähne hat. Warum sollte ich nicht davon profitieren? Aber ich plaudere schon wieder aus dem Nähkästchen …

Na, da möchte ich doch nicht nachstehen. Wusstest du, dass Frank Elstner gern sein Glasauge lutscht, wenn er angespannt ist?

Nein, das gibt’s doch nicht!

Ja, leider reicht unsere Zeit nicht mehr, um das jetzt genauer auszuführen, aber in unserer nächsten Folge können wir da noch mal ein genaueres Auge draufwerfen …

Ich freu mich schon, bis bald!

ANDREAS KORISTKA

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