Der Mensch ist nicht nur gut
Von MATHIAS WEDEL
Was ist das Leben?! Geburt und Tod, Blühen und Vergehen, Till Lindemann geht es wieder besser und Hubert Aiwanger wird bald in der ARD den Hitler parodieren. Ist das das Leben?
Nein und wieder nein: Auf dem Lande und in den Vororten der Städte spielt das Leben seine eigene Melodie – ein leises Grollen, das anschwillt zu einem Donnerhall der Lebensfreude, bis endlich alle Nachbarn ihre Mülltonnen »vorgebracht« haben. Oder leer wieder »hintergebracht«. Eine Woche später grollt es schon wieder – vielleicht ist die Gelbe dran, dann die Braune, die Blaue und am Endes Monats folgt 1 (ein) Geschlechtsverkehr! Die Abfallentsorgung ist der große Regulator, der uns spüren lehrt, wie die Lebenszeit verrinnt. Und plötzlich ein Schrei! »Scheiße, wir haben vergessen, die schwarze Tonne vorzubringen!« – Da weiß jeder im Dorf: Hinter diesem Zaun ist jetzt das Leid zu Hause.
Letztens, als wir uns an den Vorgarten-Türchen trafen, die volle Tonne am ausgekugelten Arm, war die Stimmung divers. Alle hatten es im Märkischen Markt, dem Zentralorgan des Landrats, gelesen: Unsere Tonnen kriegen einen Chip, werden Teil eines »elektronischen Behälteridentifikationsystems«. Die Müllmänner können schon abends zu Hause im Internet, nachdem sie die Pornos durchgescrollt haben, sehen, welcher Tonne sie am nächsten Morgen die Ehre erweisen werden.
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