Der Freie Demokratische Pädagoge

Ein Journalist hat den beliebten Finanzminister Christian Lindner in der Die Zeit vom 22.10.2022 nach einem gemeinsamen Gespräch an einer Hotelbar wie folgt indirekt zitiert: »Lindner hat eine Vereinbarung mit seiner Frau, der Journalistin Franca Lehfeldt, die beiden haben im Sommer geheiratet. Irgendwann ist er dran mit der Care-Arbeit, wenn die Kinder da sind. Er habe da schon seine Vorstellungen: Bücher schreiben, vielleicht promovieren, jagen, fischen, imkern.« Dem Journalisten ist natürlich kein Vorwurf zu machen, dass er Lindner nach 20 Weißwein wahrscheinlich völlig falsch wiedergegeben hat und laut Lindner alles ganz anders gemeint war. Nun ist das Zitat aber in der Welt und Millionen Eltern wollen wissen, wie Lindner Kindererziehung, Selbstverwirklichung und Haartransplantationen unter einen Hut bringen möchte. Da Probleme nichts weiter als dornige Chancen sind und die Nachfrage nach dem Buch so groß war, hat der Finanzminister kurzerhand einen Erziehungsratgeber geschrieben.

Wir veröffentlichen vorab die schönsten Stellen:

Eigenständigkeit stärken!

Viele kennen das Problem: Man sitzt schon geschlagene fünf Stunden auf Sauen an, und endlich besucht eine die Kirrung, die man eigens mit Mais und Eicheln präpariert hat. Die Hand liegt bereits am Repetierer, da beschwert sich der 3-Jährige lautstark, weil er dringend »groß« muss und vertreibt einen schönen Überläufer.

Zum Glück gibt es einen Trick, mit dem Sie in einer solchen Situation gelassen reagieren können. Zunächst müssen Sie die Anspruchshaltung des Kindes an die ihn umgebenden Autoritäten senken – in diesem Fall also an Sie selbst. Unternehmen Sie überhaupt nichts, und setzen Sie auf Privatinitiative! Wenn es wirklich so dringend muss, kann ihr Kind den Hochsitz eigenständig verlassen und mit dem Allrad-Fahrzeug zur nächstgelegenen Toilette fahren oder sich ein Loch im Boden scharren. Bei einer kindlichen Provokation wie dieser hilft es zudem meist, sie direkt anzusprechen und das Kind mit dem Ergebnis seines Verhaltens zu konfrontieren. Sagen Sie ihm deutlich, dass Sie wegen der nicht erlegten Sau einen Anwalt beauftragen werden, der Ihr Kind auf Schadensersatz verklagen wird. So lernt es, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen.

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Mit Wut umgehen

Quengelnde Kinder im Supermarkt sind lästig. Wenn das Kind sich hinwirft und mit den Fäusten auf den Boden eintrommelt, schreit und sich selbst verletzen möchte, muss es sanft in seiner Wut begleitet werden. Vor dieser Aufgabe darf sich nicht gedrückt werden, denn das ist nun mal der Job eines Au-pair-Mädchens.

Aufklärung

»Mama, Papa, woher kommen die Babys?« Viele Eltern weichen einer direkten Antwort auf diese Frage aus. Doch die meisten Kinder können gut damit umgehen, wenn sie unverblümt in kindgerechten Worten mit der Wahrheit konfrontiert werden. Schnell und schonend kann man den Kleinen erklären, dass es eine gewisse Nachfrage von Frauen gibt, die auf ein Angebot an Porschefahrern trifft. Auf dem Singlemarkt stellt sich nun ein Gleichgewicht ein. Je nachdem, wie attraktiv der Porschefahrer ist, muss er mehr oder weniger viel für seine Frau bezahlen. Wenn der Staat nicht regulierend eingreift, ist schon bald ein Baby unterwegs. Das bringt dann wie gewohnt der Klapperstorch gegen eine angemessene Gebühr.

Bildung

Viele Kinder entwickeln in der Schule eine Gratismentalität. Sie erwarten, dass die Lehrer sie kostenlos mit allerfeinster Bildung versorgen und dass das Wasser in den Sanitärbereichen unentgeltlich genutzt werden darf. Deshalb ist es wichtig, die Kinder so früh wie möglich auf hochklassige Privatinternate in der Schweiz zu schicken.

Verständnis zeigen

Nicht immer hat man Lust, sich um die Kinder zu kümmern. Erst recht nicht, wenn man ein paar Monate angeln gehen möchte, ohne dabei ihrer nervigen Dauerpräsenz ausgesetzt zu sein. Deshalb ist allerhöchstes Verständnis für sich selbst geboten, auch wenn es Überwindung kostet. Das zahlt sich aus. Kommt man gut erholt zurück, hat man sofort die Kraft dafür, an der nächsten Bogenjagd in Schweden teilzunehmen. Ein schlechtes Gewissen muss man dabei nicht haben, denn gar nicht zu erziehen ist allemal besser als schlecht zu erziehen.

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Freihandel

Deutschland ist weltweit mitnichten der einzige Hersteller von Kindern. Wollen unsere Kinder langfristig auf den internationalen Märkten bestehen, müssen sie sich früh mit der weltweiten Konkurrenz messen. Sind Kinder aus Vietnam vielleicht ein bisschen fleißiger? Räumen Kinder aus dem Kongo öfter auf? Eltern sollten die internationalen Entwicklungen im Auge behalten und stetig prüfen, ob sie ein besseres Kinderangebot aus dem Ausland wahrnehmen sollten. Wenn man diese Aktivitäten immer transparent hält, sollte dies dem eigenen Nachwuchs ein Ansporn sein, seine Kindheitsprozesse zu optimieren.

Digitalisierung

Deutschland wird seine Infrastruktur noch besser ausbauen, damit wir unsere Kinder flächendeckend mit Peppa-Wutz-Streams versorgen können. Meinen nächsten Erziehungsratgeber werde ich schreiben, während meine Kinder Staffel 1–40 dieser wunderbaren Serie schauen. Sie sollten es mir gleichtun!

ANDREAS KORISTKA

Auslese