Der unsaure Sauerlacher

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Anton Hofreiters Erscheinungsbild ist außergewöhnlich. Natürlich wäre es leicht, sich darüber lustig zu machen, wie er grobschlächtig durch die Gegend stiefelt mit seinen langen Loden und dem selbst gezüchteten und dann geschlachteten Schwein auf seiner Schulter bzw. dem Hinkelstein auf seinem Rücken. Darüber Witze zu reißen wäre billig. Es ist ratsamer, einen ernsteren Blick auf Anton Hofreiter zu werfen. Aufgewachsen im oberbayerischen Sauerlach, fiel er zum allgemeinen Entsetzen der Dorfgemeinschaft schon als kleines Kind in den Kessel mit dem Zaubertrank – wie der Baldrian-Tee genannt wird, für den Sauerlach weltweit bekannt ist.

Zeichnung FRANK HOPPMANN

Seit dieser Zeit ist es Anton Hofreiter in ganz Niederbayern verboten, Baldrian-Tee zu trinken, damit er nicht noch ausgeglichener wird. Denn den studierten Biologen, dessen Haare das einzige sind, was an ihm sehr dünn ist, kann kaum etwas aus der Ruhe bringen. Es klingt paradox: Er ist ein Sauerlacher, der nie sauer wird. Dachte man jedenfalls bis vor Kurzem. Hofreiter galt als jemand, der einen Bundestagsausschuss mit dem eigenen Kind auf dem Schoß leiten kann, ohne es zu maßregeln oder gar zu ohrfeigen, zu würgen oder ihm mit Gaffer-Tape den Mund zuzukleben, es mit Kabelbindern zu fixieren oder ihm wenigstens vier Wochen Tablet-Verbot zu erteilen, um es anschließend mit einer Suppenkelle grün und blau zu schlagen. Eine Gabe, mit der der liebe Herrgott nicht jeden Erdenbürger gesegnet hat.

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