Schweres Los

Von Mathias Wedel

Vorgestern gegen zehn stand die Schmidten, meine Wirtin, vor meinem Bett und klapperte alarmistisch mit dem Frühstückstablett. Sie wisse, sagte sie in leidendem Ton, sie habe strengstes Verbot, mich vor elf zu wecken, aber es sei ein Brief gekommen. Ein wichtiger. Vom Bundespräsidenten.

»Was schreibt er denn, der Betroffenheitsschwätzer?«, grunzte ich.

Burkhard Fritsche

»In Anbetracht seiner Bedeutung habe ich das Poststück schon einmal geöffnet, musste ja dessen Aushändigung auch quittieren«, sagte die Schmidten. »Soll ich es verlesen? ›Sehr geehrter Herr Dr. Wedel, wie Sie ja selber wissen, ist die Bundestagswahl absolut scheiße gelaufen.‹«

»Das kann man wohl sagen«, frohlockte ich. »›Jede andere Einschätzung würde nur die Ränder an den Rändern stärken und den Kitt in unserer Gesellschaft aus den Fensterrahmen fallen lassen. Um uns einem drohenden Bürgerkrieg in den Arm zu werfen‹«, las die Schmidten weiter, »›habe ich per Los eine Volksversammlung zusammenstellen lassen, die ab Freitag dieser Woche‹« – es war schon Donnerstag! – »›die Gesetze machen und eine Regierung der nationalen Versöhnung bestimmen soll. Pro eine Million Deutschen wurden 10 Bürger aus dem Zentralrechner benannt, also 831 Leutchen allerlei Geschlechts. Und Sie, Herr Doktor Wedel, sind dabei.

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