Meisterwerke

Kunst von EULENSPIEGEL-Lesern, gediegen interpretiert

Die Wurst-Fotografie hat eine lange Tradition. Man denke nur an »Hunde in der Speisekammer« von Frans Snyders, »3 Nürnberger im Weckla« von Albrecht Dürer oder an das intensive Gelb in Jan Vermeers »De Bloedworsteters (met mosterd)« – zu Deutsch: »Die Blödwurstesser (mit Senf)«. In letzter Zeit begegnete einem die Wurst-Fotografie allerdings fast nur noch auf Dating-Plattformen wie »Tinder« in Form des sogenannten Dick-pics. Das vorliegende Werk besinnt sich auf die alte Kunst des Stilllebens.

Wahrhaft meisterlich sind die im Begleittext als »Bock-Würstel« bezeichneten Fleischerzeugnisse in Szene gesetzt. Das Etikett mit dem Namen des Herstellers ist zur Seite gedreht, was zeigt: Es ist das Foto eines Künstlers, nicht das eines Influencers, der mit scheinbar vorbildlicher Ernährung seine Instagram-Follower beschämen möchte!

Das Foto verfehlt seine Wirkung nicht. Es lässt keinen Betrachter kalt, es polarisiert. Die einen, die Kostverächter und Spaßbremsen, werden sich darüber auslassen, dass für das Produkt ein Tier sein Leben lassen musste (vermutlich zumindest). Anders jedoch die Reaktion der normalen Menschen: Auf der Stelle möchte man das Glas öffnen, zwei, drei, ach was: alle dieser labberigen orangenen Dinger herausfingern, sie ohne zu kauen oder sie sonst wie in Berührung mit der Zunge zu bringen die Speiseröhre hinabschieben und sich mit dem Wurstwasser einen Tee aufbrühen, um sich anschließend vor lauter Selbstekel für ein paar Tage ins Bett zu legen. Doch – wie der Begleittext so trefflich anmerkt – genau das ist der Kampfgeist, den es braucht, um Weltmeister zu werden. Hier wird die Frage geklärt, weshalb die deutsche Nationalmannschaft so schlecht spielt: Die Jungs schlucken zu wenig Würste.

U. Hoeneß