Haufenweise Putsch-Termine

Lebendige Geschichte

von MATHIAS WEDEL

Die sozialistische Revolution steht hierzulande bekanntlich seit langem auf der Speisekarte der Geschichte. Sie will allerdings sorgfältig geplant sein, wobei vor allem die Befindlichkeiten von Transgender-Personen Berücksichtigung finden sollten. Danach geht es um den besten Termin. Er darf nicht zu nah an Weihnachten liegen, weil da die Leute anderes im Kopf haben, als auf die Barrikade zu klettern, und er sollte keine kirchlichen Feiertage verletzen, um das Bündnis mit den Christen nicht zu gefährden. Vor allem aber braucht es ein sogenanntes Momentum oder noch besser einen Kairos: Der Kairos war bei den alten Griechen der optimale Augenblick, den man nicht verpassen sollte – also, wenn es in Athen bei KiK plötzlich Sandalen gab, Sokrates aber gerade in Santorin auf Jahresurlaub weilte, war der Kairos für ihn verschossen …

Andreas Prüstel

Kairoi (Plural!) für die Revolution in Deutsch -land gab es in jüngster Zeit haufenweise: Im Sommer 1993 (Hungerstreik der Kali-Kumpel) hätten die ostdeutschen Gekränkten und Beleidigten sämtliche Autobahnen, Bahnhöfe, Brücken, Häfen, Sender und Aldi-Läden besetzen und einen Lockdown erzwingen können, der nicht nur die Grundversorgung mit Toilettenpapier und klassischem Ballett zum Erliegen gebracht, sondern die hungernden Deutschen in einen blutreichen revolutionären Furor versetzt hätte. Das Projekt scheiterte, weil es noch kein Facebook und keinen charismatischen Führer gab (weder Gysi noch Schorlemmer wollten das übernehmen).

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