Ein Anruf bei Stephanie Teistler

Frau Teistler, Sie haben für den RBB vor einem malerischen See ein lauschiges »Sommerinterview« mit dem brandenburgischen AfD-Chef Andreas Kalbitz geführt. Halten Sie die Kritik daran für gerechtfertigt?
Es tut mir leid, wenn der Eindruck aufkam, dass wir Herrn Kalbitz nicht mit der nötigen journalistischen Angriffslust begegnet sind. Vielleicht hatte uns die reizvolle Umgebung und das tolle Wetter ein bisschen eingelullt. Das ist unverzeihlich, dabei hatten wir an dem Tag durchaus negatives Verhalten von Herrn Kalbitz registriert, bei dem wir hätten nachkarten können.

Was war das genau?
Am Kiosk kaufte er sich eine große Pommes und drei Flutschfinger, die er dann wie so ein Tier verschlang. Eigentlich sollte man mindestens eine Dreiviertelstunde warten, bevor man dann wieder ins Wasser geht, aber Kalbitz rannte schon nach fünf Minuten wie von der Tarantel gestochen ins Tiefe.

Durch sein rechtsradikales Gedankengut ist er nicht aufgefallen?
Ich bitte Sie, wir befanden uns an einem brandenburgischen See! Wie soll er dort mit so was auffallen? Wenn Sie da kein Hakenkreuz-Tattoo tragen, werden Sie schief angeguckt. Was wir allerdings schon registriert haben, war, dass er von unserem hochprofessionellen Produktionsteam alle Mädchen nassgespritzt hat. Dem Kameramann hat er sogar zwei Mal den Kopf unter Wasser gestukt – so nennt man das hier bei uns in Brandenburg. Und was er gemacht hat, als er zwei Minuten ganz still im hüfthohen Wasser stand, will ich gar nicht wissen.

Was würden Sie heute im Rückblick auf das Interview anders machen?
Ich würde heute sofort zum Bademeister gehen und mich beschweren. Außerdem würde ich mich entschiedener in den Weg stellen, wenn sich Kalbitz in der Schlange zum Sprungturm vordrängelt. Den Rücken würde ich mir von so einem auch nicht mehr eincremen lassen.

Diese »Sommerinterviews« halten Sie trotzdem noch für eine gute Sache?
Klar, nirgends kann man so gut entspannen und wird dafür auch noch bezahlt.

AK

Aus dem EULENSPIEGEL 08/2020.

    Anzeige