Meisterwerke
Kunst von EULENSPIEGEL-Lesern, gediegen interpretiert
Es
gibt viele Fehler, die man bei der Hundeerziehung machen kann. Welcher
im konkreten Fall dafür gesorgt hat, dass Wales seinem Frauchen
davongelaufen ist, lässt sich anhand der vorliegenden Indizien nur
erahnen. Was sehen wir? Wir sehen das Frauchen, dargestellt als
weibliche Mischung aus Rumpelstilzchen, Gollum und dem auf der Krone
sitzenden Eulenspiegel. Frauchen hat sich in die sogenannte Russenhocke
begeben, eine, nebenbei bemerkt, stark Hämorrhoiden fördernde Position.
Sie spricht von einem Wir, doch so, wie sie in diesem merkwürdigen
Aufzug da sitzt, scheint es sehr unwahrscheinlich, dass irgendjemand
etwas mit ihr zu tun haben möchte. Frauchen also ist leicht irre.
Möglich auch, dass es nie einen Hund gegeben hat.
Über die Rasse
des abwesenden Wales kann man nur spekulieren. Das recht umfangreiche
Halsband lässt auf einen größeren Hund (und keinen, wie der Name Wales
suggeriert, Welsh Corgi) schließen: möglichweise eine Dogge, ein
Bernhardiner oder ein Komodowaran. Letz -tere Rasse würde das Ver
-schwinden gut erklären, denn Komodowarane lassen sich der Erfahrung
nach nur ungern an ca. 20 Zentimeter langen Ketten festbinden.
Auch
die offensichtliche Nicht-Beachtung durch Frau – chen könnte den Hund
zum Ausreißer gemacht haben. Denn das Erstaunlichste an diesem Bild:
Noch hat Frauchen das Fehlen ihres geliebten Vierbeiners nicht bemerkt.
Angesichts der Tatsache, dass der Hund nur wenige Zentimeter neben ihr
an einer Kette festgebunden war und man in der Einöde kilometerweit
nichts und niemanden sonst sehen kann, eine beachtliche kognitive
Fehlleistung. Doch schon bald – man ahnt es und malt sich das Entsetzen
auf ihrem Gesicht aus – wird sie das verwaiste Halsband entdecken und
sich eine der fundamentalsten Fragen stellen, die der Mensch sich
stellen kann: Wuff, wuff, wuff, wuff, wuff! Who let the dog out? Wuff,
wuff, wuff, wuff, wuff! Who let the dog out?
M. Rütter