Ausgerechnet dieser dramatische Beruf

Was wir über Teaser-Schreiber wissen – und was nicht

Viele journalistische Beiträge werden mittlerweile von einer Künstlichen Intelligenz geschrieben. Die kurzen Einleitungstexte auf den Internetseiten der meisten Medien – im Fachjargon »Teaser« oder »Anreißer« genannt – werden jedoch oft noch in Handarbeit von einem Menschen verfasst. Der EULENSPIEGEL hat einen von ihnen getroffen.

Ein Teaser-Schreiber bei der Arbeit. (Symbolfoto)

Herr S., Sie schreiben die Anreißer für die Homepage einer deutschen Zeitung und möchten verständlicherweise anonym bleiben. Wie kamen Sie zu dem Beruf?

Journalismus fand ich schon immer unglaublich spannend. Tipps zum Schuhebinden verfassen, über meine dramatischen Gefühle beim »Tatort«-Gucken berichten, Twitter-Beiträge abschreiben – und das alles hinter die Bezahlschranke stellen. Es ist der Traum immer mehr junger Menschen. Doch da gibt es ein Problem.

Bei dem handelt es sich offensichtlich nicht um Legasthenie und mangelnde Deutschkenntnisse, denn sonst hätten Sie den Job ja nicht mehr. Gibt es daneben andere Grundvoraussetzungen, um diese Arbeit machen zu können?

Teaser zu schreiben scheint easy zu sein. Ein Job für Menschen, die zunehmend auf Kriegsfuß mit Sinn und Logik stehen. Aber auch wer immer öfter mit dramatischen kognitiven Einschränkungen zu kämpfen hat, scheint geeignet. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Und das wäre?

Solche Informationen werden mir als Teaser-Schreiber vorenthalten. Doch dahinter steckt eine Strategie.

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Schwer zu glauben. Oft klingen die Anreißer verzweifelt. Fast so, als hätte der Autor Angst, bestraft zu werden, wenn nicht genug Leute den Beitrag anklicken. Was passiert, wenn Sie es nicht schaffen, genug Leser zum Klick zu verleiten?

Die Situation ist immer häufiger immer dramatischer. Offenbar bekommen immer mehr Teaser-Schreibende wohl immer festere Schläge auf den Kopf. Es mehren sich die Hinweise, dass es auch einen Zusammenhang mit heißem Badewasser in der Kindheit gibt. Gerade heute ist das ein zunehmend fataleres Zeichen. Wie konnte es dazu kommen?

Das frage ich Sie!

Ein Blick auf die Zahlen lässt nur eine Antwort zu. Und die hat es in sich. – Ein Zwischenruf.

Den vermutlich nur Sie hören können. Wie wirkt sich Ihre Arbeit und der dazugehörige geistige Zustand denn auf Ihr Privatleben aus?

Offenbar sind Ehepartner von Teaser-Schreibenden zunehmend frustriert. Immer öfter fordern sie wohl die Scheidung oder die Einweisung in die Psychiatrie. Deshalb haben ausgerechnet Forschende herausgefunden, was jetzt wohl anders werden muss. Die Folgen könnten wohl dramatisch sein. Das dürfte wohl besonders eine Gruppe beunruhigen. Doch die Kritik daran wird lauter – und reißt nicht ab.

Waren Sie deswegen schon mal bei einem Arzt?

Uns fällt es zunehmend schwerer, die einfachsten Dinge zu bewerkstelligen. Zähneputzen oder Blasenkontrolle werden zur Herkulesaufgabe. Einen Arzttermin zu buchen und einzuhalten wird für uns immer unmöglicherer. Wie man es dennoch schafft, zeigt eine entscheidende Methode. Für die braucht es aber Überwindung.

Die Sie, wie man sieht, bisher nicht aufbringen konnten. Besteht denn noch Hoffnung, dass Sie irgendwann einer weniger ehrlosen Beschäftigung nachgehen können?

Es ist eines der am besten gehütetesten Geheimnisse des Internet-Journalismus. Mit einer Ausnahme. Die zeigt, wie dramatisch die Situation ist und was das deutsche Bildungssystem damit zu tun hat. Doch das wirft Fragen auf. Denn dahinter steckt eine Botschaft.

Und die wäre?

Die fünf größten Irrtümer über Teaser-Schreibende, und wieso manche dabei einen entscheidenden Fehler machen. Was das bedeutet und was sich ändern muss. Das muss aufhören.

Was denn?

Na, das. Ich kann nicht mehr. Machen Sie, dass das aufhört! Bitte. Erlösen Sie mich von meinem Leiden!

CARLO DIPPOLD

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