Gönn der Alten mal!

FERNSEHEN

Wir lieben ihn, den RBB, das Sprachrohr der Spargelbauern, die Meckerecke der kleinen Leute, den Fernsehsender auf Augenhöhe. Vor allem »Die 30 schönsten Sommerhits« und »Die 50 schönsten Straßenkreuzungen«. Hier ist jeder wichtig. Katzensammler, Fußpfeifer, Kleingärtner und Großfressen.

Allerorts im RBB-Land, auf dem Berliner Hermannplatz, der Luckenwalder Schwindsuchtbrücke, im Eberswalder Familiengarten und den Beelitzer Heilstätten wanzen sich dieser Tage traurige Fernsehteams an die Bürger heran. »Können Sie uns noch vertrauen? Wir sind’s, die ›Abendschau‹, das Duzfernsehen mit Ulli Zelle. Habt ihr uns noch lieb? Bitte nicht Haue-Haue machen!«

Zeichnung: KLAUS STUTTMANN



Die Reaktionen sind immer gleich: »Wat? Vapisst euch!«, »Sowat macht man nich! Punkt!«, »Schluss mit die Zwangsjebühren!«

Auch dieser Liebesentzug (und nicht nur das Gehalt der Intendantin) macht fassungslos, sagt der nette Karo-Hemd-Moderator. Das ist die größte Krise des RBB seit dem Ableben von Achim Mentzel 2016, Herbert Köfer 2021 und dem Beziehungs-Aus von Matthias Platzeck und Carla Kniestedt (undatiert).

Wie konnte es so weit kommen? Was hat der RRB verbrochen? Und wer ist überhaupt diese Schlesinger?

Eine raffgierige Hexe ohne Skrupel und Moral und offenbar mit Rückenproblemen. In ihrem schicken Chefbüro in der Masurenallee ließ sie sich, nach langen Arbeitstagen auf dem Golfplatz, von ihrem Massagesessel verwöhnen, und zwar von hinten (ihre beiden persönlichen Chauffeure erwiesen sich als untauglich). Den kleinen Luxus hatte sie sich schwer verdient. So viel Kohle hat sie in den letzten Jahren für den Sender eingefahren. Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe sind Frau Schlesinger zu verdanken.



Wer als freier Mitarbeiter, zum Beispiel als Kameramann, unbedingt beim Fernsehen arbeiten will, muss nachts Taxi fahren (und zwar nicht auf der Rückbank) und tags Flaschensammeln, um über die Runden zu kommen. Lieblingssendungen der Brandenburger wie »Stadt, Rad, Hund« mit Bettina Rust und »Zuhause in Berlin und Brandenburg« (ZIBB) wurden eingespart. Zu Recht – wer will Hunde beim Radfahren sehen und zu Hause ist man ja auch, wenn die Glotze aus ist.

Der Jugendsender Fritz soll nun niemanden mehr ausschließen. Das Programm wird erweitert auf Fünfzig plus. Dafür verzichteten sämtliche Kulturradios auf 20 Prozent ihres Etats, und Radio1 auf seinen albernen Dauerslogan »Nur für Erwachsene«.

Aus Drei-Mann-TV-Teams wurden Einmann-Kamerareportertontechniker. Zum RBB-Sommerfest muss man seine Bratwurst selber mitbringen, Mostrich aus Werder ist aber gratis. Für den RBB zu arbeiten, heißt Demut lernen, aber für die gute Sache.

Schlesinger selbst sieht sich als »Möglichmacherin«, wie sie sagt. Und sie appelliert an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mitzuziehen. »Ich habe gesagt, lasst uns den RBB rocken, lasst uns da noch mal was Neues beginnen.« Sie meinte ein neues Medienhaus, vielleicht was mit Internet und natürlich viel Innovationsgeist, der honoriert werden muss: Stattliche Gehälter für die Chefs und Boni für jeden gefeuerten Mitarbeiter. Das spornt die Führungsriege ordentlich an und hilft, das Gejammer vom Betriebsrat zu ertragen.

Mit 303 000 Euro im Jahr war Frau Schlesinger noch bescheiden. Tom Buhrow nimmt 413 000 für seine wirkungsvolle Arbeit beim WDR. Der Kanzler liegt nur knapp darunter, hat aber auch nicht die beinahe unlösbare Aufgabe, den Krieg am Laufen zu halten und trotzdem fidel zu sein.

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»Die einfachen Leute« sind natürlich neidisch, glauben, sie kämen zu kurz, und wenn eine verdienstvolle Persönlichkeit wie die Intendantin in Verschiss gerät, kriegen sie rote Bäckchen. Wie immer sehen sie nur die Oberfläche. Das angeblich so protzige Büro der Schlesinger zum Beispiel: feinstes italienisches Holzparkett, geölt, dazu eine Pflanzenwand, die sich selbst bewässert und selbstständig ins laufende Programm von Antenne Brandenburg schaltet, und Designer-Sitzmöbel, alles für 650 000 Euro. Aber von Protz keine Spur! Dezente Gediegenheit, gekonntes Understatement – es sieht aus wie der Warteraum in der Eberswalder Notaufnahme.

Es ist die Brandenburger Missgunst, die da durchkommt! Dieses »Wir hamm ja nischt, wir hatten ja nie was!«. Dieses schäbige »Die da oben«, das schon vor dreißig Jahren zu einer lächerlichen Revolution geführt hat. Gönnt der netten Frau doch mal eine schöne Dinnerparty mit der Berliner Polizeichefin und ihrem Ehemann (vielleicht mit Fesselspielen), mit dem Ex-Chef der Charité und seiner Gattin (jede Menge schlüpfrige Witze – kommt ’ne Frau zum Arzt …) und mit mehrfachen Prösterchen auf den Gebührenzahler. Eine Privatparty eben, wie es viele in diesen traurigen Tagen gibt – allerdings beim RBB-Buchhalter abgerechnet. Wenigstens sorgen die »Ös«, wie die ARD-Intendanten liebevoll sagen, gut für ihre pensionierten Festangestellten. Für Patricia Schlesinger wird es allerdings trotzdem bitter. Sie wird von nun an mit 15 000 Euro durch den Monat kommen müssen und den Massagesessel bekommt ihr Nachfolger. Hoffentlich macht ihr der Rücken keinen Kummer.

FELICE VON SENKBEIL

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