Die Unbestechlichkeit der Zahlen

VON GREGOR FÜLLER

Wer in der aktuellen Krise mitreden möchte, kommt um sie nicht herum: Statistiken, Diagramme, Kurven und Infinitesimalrechnungen. Minütlich veröffentlichen Institute und Medien neue Zahlen, doch lesen können sie die wenigsten. Schon beim Abschätzen des Mindestabstands von 150 Zentimetern scheitern die meisten kläglich.

Dabei war Deutschland einst ein rationales, von Logik, Natur- und Formalwissenschaften geprägtes Land. Die Zahl der berühmten Mathematiker, die diese Nation hervorgebracht hat, ist Legion (= unbestimmte Mengenangabe). Um nur die ersten drei berühmten deutschen Mathematiker zu nennen, die Google auflistet: Georg Cantor, David Hilbert, Karl Friedrich Gauß, Felix Klein. Doch die Zeiten der Zahlenfexe und Mathemagier sind unwiederbringlich vorbei. Die Generation der 67er hat Deutschland diesbezüglich zugrunde gerichtet. Zahlen sind seitdem zu einem Mysterium geworden, und nun sind es Kunsthistoriker, Altphilologen und Finnougristen, die an den Universitäten dominieren und neuesten Angaben zufolge bis zu 118 Prozent aller Fördergelder aus der Wirtschaft einstreichen.

Dass kein Mensch Zahlen mehr richtig zu lesen vermag, ist die schlimmste Katastrophe, die durch Corona aufgedeckt wurde. Vor allem Journalisten haben sich als Superspreader falscher Diagramm-Interpretationen hervorgetan.

Weiter geht es im EULENSPIEGEL 06/2020.

Heft kaufen | ePaper lesen | Abo bestellen

    Anzeige