Meisterwerke
Kunst von EULENSPIEGEL-Lesern, gediegen interpretiert
Es ist das Dilemma jedes Malers: Er hat eine jungfräuliche Leinwand vor sich, er hat seine Farben und Pinsel bereit gelegt, der Kaffee ist getrunken, die Kippe geraucht und nun fragt er sich wie jeden Tag: Was male ich denn heute? Er schaut sich um und sieht Gegenstände, die er alle schon verewigt hat. Die Kaffeetasse, den Aschenbecher, den Pinsel, die Frau, die die Kaffeetasse wegräumt und irgendwas von »immer lässt er alles rumstehen und rauchen tut er auch zu viel« murmelt. – So war es Jahrtausende lang. Bis an einem lauen Sommerabend im Jahre 1255 der Diplom-Ingenieur Ignatz Spiegel den nach ihm benannten Ignatz-Apparat erfand, heute besser bekannt unter der Bezeichnung »Spiegel«. Die Erfindung setzte sich schnell durch, und schon bald erkannten auch Künstler das Potential, das darin lag. Anstelle der Kaffeetasse und des Aschenbechers konnten sie jetzt auch sich selbst malen. Seitdem ist der Maler als Gegenstand seiner Malerei nicht mehr wegzudenken.
Interessant an Selbstbildnissen war und ist jedoch nicht nur, ob der Maler einen Bart hat, eine krumme Nase oder martialische Oberschenkel-Tattoos, für die er sich eigentlich schämen müsste, sondern auch, in welcher Umgebung er sich malt.
Beim vorliegenden Kunst – werk hat sich der Maler für ein Aquarium entschieden. Die Szene, man sieht es sofort, beruht auf einer wahren Begebenheit: Der Maler steht am Beckenrand, er macht sich bereit für den ersten Strich, doch seine Palette, auf der er seine Farben mixt, sieht unglücklicherweise so aus wie einer der Fische, der im Bassin schwimmt – und genau auf diesen Fisch hat es ein großer Raubfisch abgesehen. Ehe der Maler reagieren kann, schnappt der Raubfisch den vermeintlichen Speisefisch! Der Maler nun steht ohne seine Farbpalette da. Was bleibt ihm anderes, als sein Bild in Schwarz und Weiß fertig zu malen?
Käpt´n Ahab