Das analoge Paradies

Von Manfred Beuter

Australien hat allen Kindern unter 16 Jahren die sozialen Netzwerke verboten und sie ohne Abendessen ins Bett geschickt. Dieser Schritt ist natürlich wohlüberlegt und die Heranwachsenden werden selbst am besten wissen, womit sie diese Bestrafung verdient haben. Aber reicht es, der Jugend die sozialen Netzwerke zu verbieten? Sind es nicht vor allem die Senioren, die zu einer regelrechten Plage vor den Bildschirmen geworden sind, zu Internetzombies, die mit der rechten Hand ihr Smartphone bedienen, während sie sich mit der linken genüsslich Weinbrandbohnen ins zahnlose Maul schieben? In der »Seniorenresidenz Abendschein« in Wittstock/Dosse erkannte man die Zeichen der Zeit und hat den Bewohnern sämtliche mobilen Endgeräte und Computer verboten. Könnte dieses Modellprojekt Schule machen?

Guido Sieber

Es ist 8:00 Uhr, als Hans-Joachim Reschke (76) sein Morgenritual beginnt. Er blättert durch die aktuelle Ausgabe der Die Welt und kritzelt mit einem Filzstift unter einen Artikel über Robert Habeck: »Habeck und alle kriminellen Ausländer SOFORT ausweisen, die Pimmel abschneiden und dann am 23.2.25 die Blauen wählen!« Er hebt die gerade geschriebenen Wörter mit einem Textmarker in Neongelb hervor und grinst zufrieden.

Eigentlich habe er gar nichts gegen Ausländer, denn die sind freundlich und er kenne sogar Leute hier im Heim, denen freundliche Ausländer regelmäßig die Hintern abwischen würden. Und gegen den Kanzlerkandidaten der Grünen habe er im Grunde auch nichts, weil er sich einer Tonalität bediene, die Reschke an die angenehme Stimme seines ehemaligen Dorfpfarrers erinnere.

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