Die Sahneschicht an der Werkbank
Von PETER KÖHLER
»Als ausgewachsener Minister musste ich morgens um fünf aufstehen, überflog am Frühstückstisch mit halbem Auge die Weltpresse und hatte um halb sieben meinen ersten Termin«, erinnert sich ein gewisser Bundesminister a.D., der noch aus der – heute spurlos verschwundenen – Ära Schröder stammt. »Rund um die Uhr herum folgten weitere Auftritte, Arbeitstreffen, Empfänge, Konferenzen sonder Sinn und Zahl, bis ich morgens todmüde um fünf gleich wieder aufrecht stand, mit schwarzen Ringen um die Augen wie eine Taucherbrille.« Nach einem kellertiefen Durchatmen brummt er: »Und wofür?! Niemand da draußen erinnert sich an mich, nicht einmal an meinen Namen!«
»Aber ich bin mit mir im Reinen«, erklärt der Politpensionär, der heute über 150 Kilo wiegt und den Ruhemodus nur verlässt, wenn er zu schwer von sich träumt und ihn seine Frau gemeinsam mit der Haushaltshilfe und genervten Nachbarn zurück aufs Bett schaufeln muss.
Kein untypischer Fall, wie man in Berlin und anderswo hinter verschlossenen Türen jederzeit sehen kann. Nach einem erfüllten Leben voller wichtiger Termine und bedeutsamer Begegnungen mit einflussreichen Persönlichkeiten aus allen Ecken der Erde fallen selbst ehrliche Politiker in ein tiefes Loch, wenn ihre Laufbahn bis zum Grund ausläuft und nichts zurückbleibt als eine leere Flasche, sofern das Bild mundet, wegen der Flasche.
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