Wie die Dänen
Von FELICE VON SENKBEIL
Es geschehen noch Wunder. Bei uns in der Genossenschaft wurde eine Wohnung frei. Drei Zimmer, Südseite, Stuck und Parkett. Der Junkie, der sie seit Jahrzehnten als Basislager für sich und seine Nachtgestalten nutzte, hatte seinen Wohnsitz unter den freien Himmel verlagert. Ein bisschen waren wir gekränkt, denn er war unser hausgemeinschaftlicher Pflegling gewesen, wir bekochten ihn, riefen die Rettung, wenn sich einer seiner Freunde in der Dosis vertan hatte, und tolerierten großmütig, dass eine der Freundinnen gern in die Fahrradanhänger kackte. Nun konnte die Bude ausgeräuchert werden.
Doch was tun mit so einem Juwel von Behausung? Unsere Warteliste ist lang, vor allem aber gerecht. Denn es geht nicht nur nach Dringlich-, es geht auch nach Bedürftigkeit.
Wer wie stark bedürftig ist, das entscheidet bei Hartz IV das Gesetz. Bei uns entscheidet keiner, sondern es spricht der Bauch von Imke. Sie hat einen recht speziellen Bauch – er ist imstande, jede Menge relevante Gefühle zu produzieren (und zwar völlig geräuschlos): Bauchgefühle. Diesem sozialkompetenten Bauch verdankt Imke ihren langjährigen Sitz in der Vergabekommission. Ihr wagt keiner zu widersprechen, wenn der Bauch aus ihr spricht.