Ein Anruf bei Karl-Theodor zu Guttenberg

Herr Guttenberg, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Doktortitel!
Danke, danke! Es war mühsam, aber es hat sich gelohnt. Ich und mein Ghostwriter sind sicher, dass ich ihn diesmal auch behalten darf.

Ihr Ghostwriter?
Kleiner Scherz. Es ging alles mit rechten Dingen zu, die Arbeit stammt ganz alleine von mir.

Aber wieso? Wozu der Aufwand? Wozu um Himmels willen?
Ich habe es jedenfalls nicht für die Öffentlichkeit getan. Deshalb habe ich es auch fast ein Jahr lang für mich behalten und nur meiner Familie, Freunden, Bekannten, dem Personal und dem ein oder anderen Taxifahrer erzählt. Es ist schlichtweg so: Der gelehrte Adelige entspricht meinem Ideal vom noblen Menschen. Die klassischen adeligen Beschäftigungen – auf Enten schießen, Dorfmädchen schwängern und sich guillotinieren lassen – waren mir schon immer zu altbacken. Der Adel hat darüber hinaus an Ansehen verloren. Ein Adelstitel und ein Dutzend Vornamen reichen heute nicht mehr, um beim Volk Eindruck zu machen.

Apropos viele Vornamen: Wo genau reiht man das »Doktor« ein? Vor den ersten Vornamen? Oder zwischen »Buhl-Freiherr von und zu« und »Guttenberg«?
Wo Sie wollen. Meinetwegen zwischen Johann und Jacob.

Der Doktorgrad ist also nur für Ihr Selbstwertgefühl?
Überwiegend ja. Aber auch in der Geschäftswelt ringt er dem ein oder anderen ein anerkennendes Stirnrunzeln ab.

Als Geschäftsmann sind Sie unter anderem Miteigentümer von Augustus Intelligence, der Firma, die wegen Philipp Amthor kürzlich in den Schlagzeilen war. Was macht Ihre Firma eigentlich? Man munkelt ja, es handele sich um ein aufstrebendes junges Schneeballsystem mit viel Potential.
Wir sind in diversen Bereichen aktiv, vor allem im Virtuellen. Aber wir produzieren auch. In unserer Kaffeeküche im New Yorker Büro steht eine Maschine, die stellt einen herausragenden Latte her.

Kleiner Test: Wie lautet der vollständige Titel Ihrer Dissertation? – Ohne nachzuschauen!
»Agents, Bills, and Correspondents through the Ages: An Analytical Reconsideration of the Nature, Scope, and Significance of Correspondent Banking and its Application in Historical Precedence and Selected Case Studies«.

Klingt so, als würden Sie damit die Wissenschaft auf ein neues Fundament stellen.
Als ich mit dem Thema zu meinem Doktorvater kam, war er sofort begeistert. Der Erkenntnisgewinn, der sich aus dieser Arbeit für die Menschheit ergibt, lässt sich kaum ermessen.

GF

Aus dem EULENSPIEGEL 09/2020.

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