Der Chinese kommt mit mega Fun
Von Felice von Senkbeil
Wenn Teenager mit Omas BH auf den Augen in der Fußgängerzone Riesenfliegen mimen, Gymnasiastinnen mit der Buddelschippe Kalendersprüche in den Ostseestrand hämmern, sich der Nachbarsjunge als Amazon-Paket liefern lässt oder vor dem kommunalen Krematorium im Totenhemd getanzt wird, könnten Sie Zeuge einer TikTok-Produktion sein. Die lustigen Filmchen, die nur sehr selten richtig lustig sind, landen umgehend im Netz und sind nach einem Wimpernschlag viral wie sonst nur ein global bekanntes Virus. Weltweit hat die Video-Plattform mehr als 800 Millionen »Nutzer« – und das völlig ohne Nutzen.
Einen Fan, dessen Humor brachial genug ist, um von TikTok delektiert zu sein, hat das Portal allerdings verloren: Donald Trump. Obwohl der ein Sozio- und Psychopath und eine globale Zumutung ist, gewinnt er gerade neue Freunde. Eltern von Teenagern unter 30 beginnen, ihn zu lieben, weil er ein Tik-Tok-Hasser ist. Er wagt, was sie sich zu Hause schon lange nicht mehr wagen: Er windet den Kids das Medium aus der Hand. Diese Teeniesuchtfalle einfach verbieten zu können, das war schon lange der Traum der Alten, die eine SMS immer noch für den letzten Schrei halten. Trumps mutige Tat wiederbelebt die Hoffnung auf familiäre Mahlzeiten, Autoreisen, Spaziergänge mit Entenfüttern und Gutenachtgeschichten.
Trumps Motiv, TikTok zu verbannen, ist allerdings nicht so altruistisch, wie man es sonst von ihm kennt. Ihn stört, dass das Teufelszeug nicht ihm gehört. …
Weiter geht es im EULENSPIEGEL 09/2020.
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