Meisterwerke

Kunst von EULENSPIEGEL-Lesern, gediegen interpretiert

Horch, horch der Zug kommt gleich ganz schnell
äh, nein – ihn stoppt die GDL.
All seine Räder stehen still,
weil Klaus Weselsky es so will.
Was bitte treibt denn diesen Mann
zu all den Streiks nun wirklich an?
Im Osten auf Lokomotiven
was gab man ihm da an Motiven?
Ist das, was diesem Herrn gefällt
weniger Arbeit und mehr Geld?
Nein, das wird ihm noch nicht genügen,
etwas ganz andres möcht’ er kriegen.
Per Streik nimmt er sich Geiseln viel,
ist Guinness-Rekord wohl sein Ziel?
Auch das ist nicht der wahre Grund;
in ihm geht etwas andres rund:
Als Kind trug er manch Blauhemd auf
und sang dabei: »Bau auf, bau auf!«
Vers zwei hat es ihm angetan
und ward sein Ziel: Brich selbst die Bahn!
Und deshalb ist des Meisters Schluss:
»Fahrt nicht mehr Bahn, fahrt nur noch Bus!«
Und die Geschichte geht bald weiter:
Klaus wird der Chef der Busbegleiter.

Poesie und Foto-Kunst in einem Werk zu vereinen ist die Königsdisziplin der heutigen Zeit. Perfekt aufeinander abgestimmt ergänzen und komplettieren sich die beiden so unterschiedlichen Formen. Es zeichnet das Psychogramm eines Irren. Und dennoch ist es ein dialektisches Werk, das zwischen Aufbau und Zerstörung schwankt, selbst wenn der Bösewicht – Wen wundert’s, es ist ein Sachse! – offenbar nur die Zerstörung der winzig kleinen Deutsche Bahn AG im Blick hat.

Die mit Abstand genialste Leistung allerdings: Das Werk kommt völlig ohne abgedroschene Bahn-Klischees aus. Es lässt den glücklichen Betrachter den Alltag vergessen und verzichtet auf Themen wie überteuerte Tickets, überteuerte Bauvorhaben, stillgelegte Strecken, Verspätungen, Zugausfälle, enorme Schuldenberge, intransparente Preise, heruntergekommene Bahnhöfe und geänderte Wagenreihungen.
– Danke! Die Welt braucht mehr von dieser Kunst!

R. Pofalla