Der Phallus …

von unserem Hauptstadt-Korrespondeten Atze Svoboda

… ist nicht nur der Penis, sondern ein bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurückreichendes Symbol. Das vergisst man manchmal, wenn man ihn täglich mit sich herumträgt, viel häufiger jedenfalls als einen Regenschirm. Er ist Sinnbild für Souveränität und Lendenstärke. Kulturgeschichtlich und auf Grund falscher Scham wird der Phallus meist bedeckt getragen, was – wie jedes Tabu – traumatisierend sein kann. Instinktiv suchen Männer nach Phalli, die sie offen tragen können: Offiziersdolch, Handy, Regenschirm, Wegebier, Rollator (mobiler Phallus) oder Mikrofon. Ich habe bei einem privaten Fernsehsender erlebt, wie sich Reporter weigerten, sich ein lächerlich dünnes Mikrofon vors Gesicht zu halten und nach einem dicken verlangten. Noch heute sieht man, wie infantil kameraerfahrene Kollegen zu stammeln beginnen, wenn ihnen das Mikro aus der Hand genommen wird und man ihnen stattdessen ein winziges Gerät ans Revers klemmt. Sigmund Freud, Magnus Hirschfeld, Oswald Kolle und Kurt Starke – alle diese Koryphäen haben über die Neigung unserer engsten äffischen Verwandten nachgedacht, den eigenen Penis in den Mund zu nehmen (was ihnen nur selten gelingt). Da wirkt zweierlei: Erstens die befriedigende Erfahrung, dass er lang genug ist, zweitens – falls er nicht lang genug ist – dass man sich immer noch so tief bücken kann. Und natürlich auch das Interesse des Affen auch außerhalb des Journalismus, das andere Geschlecht durch »Selbstbefruchtung« überflüssig zu machen.

Der Funk-Reporter, der Moderator von Operettenabenden und der Stadion-Sprecher – diese Männer sind natürlich privilegiert. Einem Reporter in der Pressekonferenz das Mikrofon entwinden zu lassen – wie es Donald Trump neulich tat –, verletzt den betreffenden Mann in seiner urzeitlich angelegten psychischen Substanz. Mit der Wegnahme auch noch eine hübsche Praktikantin zu beauftragen, macht die Demütigung zur öffentlichen Entmannung. Trump weiß das natürlich aus seiner eigenen, immer noch anhaltenden, phallischen Phase.

Die Weltöffentlichkeit sollte ihm das nicht durchgehen lassen.