Wie es wirklich wird

Von Mathias Wedel

Wenn alte Männer in Wut geraten, treten sie gegen einen Pfandflaschenautomaten, ihr Speichelfluss entgleist und sie haben Mühe, die Peristaltik ihres Enddarms zu kontrollieren. Dann schreien sie dummes Zeug: »Mit denen da!“, schreien sie oder »mit diesen Leuten hier da drüben!« oder »die da drüben und die Spinner da draußen!« oder »mit jenen dort!« – dort im Osten.

So klingt es jedenfalls bei Friedrich Merz, wenn er aus dem Häuschen fährt. Schweißkalter Hass, bittere Verachtung – das ist der Kanzlersound, wenn er über das Teil-Völkchen herfällt, das in längst vergangenen Zeiten »die Brüder und Schwestern hinter Mauer und Stacheldraht« genannt wurde. »Mit denen dort« ist er fertig, denn das sind »die«, die ihn einfach nicht gewählt haben.

Mario Lars

Seine Wut kann, ja muss man verstehen: Die Großflächen zur Wahl, auf denen der Kandidat lachenden Mundes zu sehen war (wahrscheinlich war ihm gerade sein Kontostand zugeflüstert worden), waren im Osten vielerorts, gern an viel befahrenen Ausfallstraßen oder Kaufland-Parkplätzen, mit »Fotzen-Fritze« übersprüht worden! Das war abscheulich anzusehen, aber ein voller Erfolg: Merz – im Osten schon Wochen vor der Wahl noch unbeliebter als Scholz – wurde in den »fünf Neuen« praktisch von keinem lebenden Menschen gewählt, eventuell von Haustieren. Die Partei der deutschen Einheit gewann nicht einen ostdeutschen Wahlkreis und erreichte dortselbst nirgendwo auch nur lächerliche 20 Prozent. Die Deutschen haben sich zwar einen Kanzler gewählt – doch der Kanzler der Ossis ist dieser Mann nicht. Der Osten hat blau gewählt – und ein bisschen rot, der Osten ist eine abtrünnige Teilrepublik, die am Westen schmarotzt. Wie schon die Mama vom Matthias Döpfner immer sagte: Die Ostdeutschen sind entweder Nazis oder Kommunisten.

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