Ein Anruf beim Union-Maulwurf

Schönen guten Tag!

Grüß Gott! Quatsch, ich meinte: Hallo!

Das schneiden wir nachher raus, kein Problem. – Eins noch vorweg: Um Ihre Identität zu schützen, nennen wir Sie nicht beim Namen.

Das finde ich lobenswert. Diskretion weiß ich sehr zu schätzen.

Ist Ihnen der Name »Maulwurf« recht oder sollen wir Sie lieber »Spitzel« nennen?

Das überlasse ich ganz Ihnen. »Maulwurf« klingt doch annehmbar.

Und wenn wir Sie »dreckige Ratte« nennen? … Hallo? Dreckige Ratte? … Ok, ich deute Ihr Schweigen mal als Ablehnung. … Herr Maulwurf, Sie waren derjenige, der mehrfach interne, wenn auch wenig brisante Details aus den Sondierungsgesprächen der Union an ein Boulevardblatt weitergegeben hat. Welche persönlichen Ziele haben Sie damit verfolgt?

Was heißt da »persönliche Ziele«? Um Persönliches geht es hier doch gar ned. Es gibt in Deutschland einfach mal eine Informationspflicht den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Das ist gelebte Transparenz. Und wissen Sie: Ich war früher selbst mal journalistisch tätig. Deswegen weiß ich ganz genau, wie schwer und auch gleichzeitig wichtig es ist, an valide Informationen ranzukommen. Und ich bin halt ein hilfsbereiter Mensch. Eine Art gütiger Samariter, wenn Sie so wollen.

Die potentiellen Koalitionspartner von den Grünen und der FDP waren da anderer Meinung.

Hören Sie, das ist doch pure Heuchelei. Das sind alles Vollblutpolitiker. Die stechen Ihnen jederzeit das Messer in den Rücken, ohne mit der Wimper zu zucken. Denen muss man immer einen Schritt voraus sein, dene Verbrecher.

Aber auch innerhalb der Union spricht man von Sabotage. Dass die Indiskretionen Armin Laschets Aussichten auf das Kanzleramt fast unmöglich gemacht haben, war also nicht beabsichtigt?

Das war ein Nebeneffekt der gelebten Transparenz. Da muss man halt abwägen. Was ist wichtiger: die Karriere vom Armin oder eine wohlwollende Berichterstattung über mich in der Zeitung als Gegenleistung für die eine oder andere Information, die interessant ist für die Öffentlichkeit? Und ich hab mich nun mal so entschieden. Das geht sonst keinen was an, da sollte jeder vor der eigenen Tür kehren. So, jetzt muss ich aber Schluss machen, der Wahlkampf für meine Kanzlerkandidatur 2025 fängt genau jetzet an. Auf Wieder…

Moment, eine Frage noch, Herr Söder. Haben Sie eventuell auch für uns irgendwelche Informationen aus den Sondierungsgesprächen?

Meinetwegen: Der FDP-Wissing sieht zwar immer eweng aus, als würd er schlimm ausm Maul stinken, aber der is einwandfrei gepflegt, da gibts nix auszusetzen.

Danke!

Probe-Abo

Testen Sie das Satiremagazin EULENSPIEGEL auf Herz und Nieren.
Sie erhalten 3 Monate lang Spaß und Unterhaltung
sowie die etwas andere Sicht auf den drögen Alltag.
Das Abo endet automatisch.

    Anzeige

Witzige Cartoons und bissige Satire per Newsletter

Melden Sie sich jetzt an: