Ein Anruf bei Rainer Wendt

Herr Wendt, die Krawalle von Connewitz in der Silvesternacht erinnern Sie in Zielsetzung und Ausführung an die Ausbildung der RAF-Strukturen in den 70er-Jahren. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Das ist doch wohl mehr als offensichtlich! Dort wurde ganz traditionell, und zwar in der Tradition dieser linken Mörderbande, das neue Jahr begrüßt – mit dem Zünden von Sprengsätzen und Bleischießen.

Bitte was? Haben Sie gerade »Bleischießen« gesagt, oder habe ich etwas an der Ohrmuschel?

Damit macht man keine Späße. Aber falls dem tatsächlich so wäre, droht Ihnen nicht nur Gehörverlust. Sind Sie noch bei Bewusstsein? Mit Ihrer lebensbedrohlichen Verletzung sollten Sie sich auf jeden Fall schleunigst für eine Not-Operation ins Krankenhaus abtransportieren lassen.

Ach, so schlimm ist es gar nicht.

So, so. Vergessen Sie nicht: hier spricht die Polizei. Also immer schön bei der Wahrheit bleiben, Bürschchen!

Zurück zum Thema: Bereits vor zehn Jahren war in der Bild-Zeitung von Ihnen zu lesen: »Der Geist der RAF-Zeit hat wieder Einzug gehalten.« Und 2011 sagten Sie an gleicher Stelle: »Wir erleben eine Renaissance der Roten Armee Fraktion.«

Meine Mami hat früher immer zu mir gesagt: »Rainerchen, wenn Du Dir etwas ganz, ganz dolle wünschst, geht das vielleicht auch irgendwann einmal in Erfüllung.«

Diesmal zitiert Sie Ihre Hauspostille mit den Worten: »Im linken politischen Spektrum entwickeln sich militante Strukturen nach dem Muster der Rote Armee Fraktion (RAF), aber in einer ganz anderen Dimension.« Soll das heißen, Sie haben in Connewitz etwa ein Dimensionstor in die von Ihnen geweissagte Parallelwelt entdeckt?

Die Videos vom Jahreswechsel am Connewitzer Kreuz sprechen ja wohl eine klare Bildsprache.

Nun, es ist unumstritten, dass vermummte Gewalttäter als erste …

Stopp, anhalten, Sie Zecke! Wollen Sie etwa damit andeuten, die Eskalation wäre von Seiten der Polizei ausgegangen?

Äh, nein. Ich …

Gut, dann habe ich mich wohl verhört und werde mir umgehend einen Krankenwagen rufen. Beten Sie für mich!

Daniel Sibbe

Aus dem EULENSPIEGEL 02/2020: