Ach, früher …

Oliver Welke und Bastian Pastewka haben sich einen Traum erfüllt. Sie dürfen in ihrer neuen Show »Wiedersehen macht Freude!« (ZDF) zusammen vor einem Fernseher sitzen, kuschelig, gut bezahlt, auf einem winzigen Sofa. Die Buddys zeigen sich ihre Lieblingsfilme, plappern und kichern, so viel sie wollen, und ein geneigtes Studiopublikum lacht wohltemperiert. Persönlich, fast schon intim schwärmen die Freunde von den Helden ihrer Jugend. »Ach ja,
›Raumschiff Enterprise‹ konnte man so schön im Frotteeanzug nachspielen.« Welke und Pastewka kennen alles, was lief, denn die Nerds verbrachten die Nachmittage zu Hause vor der Glotze, um der Klassenkeile im Stadtpark zu entgehen.

Ihre Kumpels waren die Mainzelmännchen, Captain Kirk war ihr Vorbild und Dagmar Berghoff ihre Traumfrau. Sie sind die TV-Enzyklopädie, echte Experten, Besserwisser und Ohrfeigengesichter, also genau richtig beim Öffentlich-Rechtlichen.

Frank Bahr

Wer erwartet, die beiden Spaßvögel wollten lustig sein, wird mit dieser Show enttäuscht. Hier geht es um Hintergrundwissen, echte Fakten. Und dahinter steht unausgesprochen die Frage: Wie konnte es mit dem Öffentlich-Rechtlichen so weit kommen?

Damit es nicht ganz so wirkt, als zeigten sich zwei Philatelisten ihren heißesten Scheiß, hat die Redaktion eigenmächtig einige Archivschnipsel zur Nostalgieshow beigesteuert. Pastewka und Welke sollen erraten, um welches Fernsehereignis es sich handelt.

Natürlich nehmen sie diese Herausforderung sehr ernst. In welcher Folge schickte Derrick Harry wirklich, um den Wagen zu holen? Wie war der genaue Wortlaut? Wer weiß es? Und war es ein Diesel?

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Neben wichtigem Wissen fördert dieses Format geniale Show-Ideen zutage. Zum Beispiel ein Quiz mit Altenheimbewohnern aus den Siebzigern, moderiert von Hans Rosenthal. Im Fischezählen oder Kartoffelschälen treten die Alten gegeneinander an. Es darf gelacht werden, aber verhalten. Das Publikum kennt den schmalen Grad zwischen auslachen, mitlachen und schmunzeln genau. Auch als Horst Tappert in einer Art Comedy einen witzigen Song als perverser Vergewaltiger singt, wird nur irritiert mit den Köpfen geschüttelt. Tappert darf im ZDF eigentlich nicht mehr erwähnt werden (Pastewka flüstert den Namen nur) wegen der dummen Sache mit der Waffen-SS.

Aber man steht zur Geschichte, auch wenn sie braun war. Welke schüttelt sich, schiebt nervös die Brille zurecht und lenkt geschickt auf Harmloseres: die DDR.

Damit wird es etwas kniiger für die beiden Fernseh-Nerds. Olaf Schubert, der Westovermann, bringt Schätze aus dem DFF mit. »HAPS – Haushalts-Allerlei praktisch serviert«, hieß das Ratgeberformat aus der Mangelwirtschaft. Es wurde gebastelt, gekocht und Frohsinn verbreitet.


Schubert hat zur Auflockerung den DDR-Gesundheitsdrink »Haps-Flip« dabei. Ein Gemisch aus rohen Eiern, Rotwein, Bier und Zucker. Welke und Pastewka kämpfen mit dem Würgereiz. Aus Respekt trinken sie vom Fitnessdrink und werden noch redseliger.

Der Höhepunkt der Show sind die Peinlichkeiten der Moderatoren selbst. Pastewka saß Anfang der Neunziger bei Thomas Gottschalk auf der Couch und konnte alle »Die drei ???«-Folgen aufsagen. Das kann er noch immer, nur besser. Oliver Welke musste ebenfalls bei »Wetten, dass..?« mit einer Hahnenmaske Sackhüpfen. Fernsehen ist ein hartes Geschäft, demütigend, aufreibend, peinlich und gut archiviert. Am Ende bleibt die Wehmut. Dieses Fernsehen ist Vergangenheit.

Was jetzt kommt, wenn es die Wähler nicht verhindern, ist leider nur die Zukunft.

FELICE VON SENKBEIL

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