Geschichte mit Soße

Herr Mehlhorn war ein begeisterter Forscher. Seine Spezialität bestand darin, alles, was für andere feststand, noch einmal zu hinterfragen und umzukrempeln. So hatte er zum Beispiel herausgefunden, dass der Dreißigjährige Krieg in Wahrheit nur 29 Jahre, 11 Monate und 14 Minuten gedauert hatte, Amerika in Wirklichkeit von dem Sockenvertreter Christian Kolmbach entdeckt und die Schlacht bei Tannenberg tatsächlich eine Baumarkt-Eröffnung in Kieferntal gewesen war.

Wahrscheinlich würde die Geschichtsschreibung in Kürze komplett neu gefasst werden müssen, denn Mehlhorn hegte außerdem den Verdacht, dass die Goldene Bulle gar kein Gesetzbuch, sondern nur die am Telefon falsch verstandene Aufforderung, schneller zu fahren gewesen war und richtigerweise »volle Pulle« hieß.

Als Forscher war Mehlhorn natürlich von unbändiger Neugier erfüllt, und sein Wissensdrang machte auch vor der eigenen Person nicht Halt. Völlig überraschend stellte sich dabei heraus, dass er gar nicht der Wissenschaftspapst Heinrich Mehlhorn von der Akademie der Wissenschaften war, sondern der Finanzbeamte Wilfried Streckfuß aus Meckenbeuren. Und dieser interessierte sich keinen Deut für zurückliegende Ereignisse. Stattdessen sortierte er am liebsten seine Sammlung von Servietten aus Bahnhofsrestaurants.

Damit endete die Neuformulierung der Menschheitsgeschichte leider mit einem Stapel leicht soßenbefleckter Papierdreiecke.

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