Ein Anruf bei Charlotte Merz

Frau Merz, Sie leiten das Amtsgericht Arnsberg, das vor einiger Zeit der Polizei erlaubte, die Wohnung einer Abiturientin zu durchsuchen. Die junge Frau wurde verdächtigt, Anti-Merz-Parolen an die Wand eines Schützenhauses geschrieben zu haben, in dem Sie mit Ihrem Mann kurz nach der Tat aufgetreten sind. Einziger Verdachtspunkt gegen die damalige Schülerin war ein anonymes Schreiben, in dem sie denunziert wurde. Finden Sie das Vorgehen gerechtfertigt?

Also, zunächst möchte ich betonen, dass es durchaus weitere Verdachtsmomente gab.
Schließlich ist die junge Dame Juso-Mitglied. In Menden! Im Sauerland! Außerdem liegt die SPD in den derzeitigen Umfragen bei 14 Prozent. Wer sich zu solch einer linken Splittergruppe hingezogen fühlt, muss doch ein politischer Extremist sein. Und außerdem hatte ich mit dem Fall überhaupt nichts zu tun.

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Das stimmt. Zuständig war ein Richter auf Probe, der nach sechs Monaten auf eine positive Bewertung angewiesen ist. Könnte er eventuell sanftem Druck ausgesetzt gewesen sein?

Als Richter ist es entscheidend, sich auf das eigene Urteil zu verlassen. Ein solcher Mann lässt sich nicht durch ein paar Zeitungsausschnitte aus der Lokalpresse beeinflussen, die zufällig auf seinem Schreibtisch landen – selbst wenn jemand die entscheidenden Passagen mit Textmarker hervorgehoben hätte.

Das hätten Sie vermutlich auch nie getan?

Wo denken Sie hin?! Sehen Sie, mein Friedrich ist durchaus in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Nur weil ich ihm jeden Morgen die Unterhosen bereitlege, heißt das noch lange nicht, dass ich ihn gegen irgendwelche dahergelaufenen Sozialistinnen mit Haaren unter den Achseln verteidigen müsste. Mein Mann war früher in einer Moped-Gang – er weiß schon, wie man solche Dinge anders regelt und wie man mit 1,98 Meter auf einem Mofa cool aussieht …

Dann könnte er es gewesen sein, der das anonyme Schreiben verfasst hat!

Das ist eine infame Unterstellung! Damit wollen Sie doch nur von Ihren eigenen Verfehlungen ablenken! Schließlich wirken Sie auch nicht gerade wie jemand, der CDU wählt. Wo waren Sie eigentlich in der Tatnacht?

Ich war zu Hause und habe geschlafen.

Aha, ein Standardalibi. Das wird Ihnen kein Richter am Amtsgericht Arnsberg glauben!

MB

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