Die Beleidigten
Von Mathias Wedel
Durch die Tür dringen widerliche Geräusche – Kläffen, Grunzen, verschlagenes Säuseln. Dann eine Art Verbalwürgen – als würde jemand eine Thüringer Bratwurst erbrechen und dabei »die Syrer« verfluchen. Dann abrupt Heiterkeit, wie aus einer Gruppe von Kleinkindern heraus, die gemeinschaftlich einen Igel töten, dazwischen ein paar Takte Musik, gern von Silly oder Gundermann.

Ich brauche gar nicht rüberzugehen: Ein öffentlich-rechtlicher Westsender gibt wieder einmal den Ostdeutschen Gelegenheit, sich primetimefüllend auszukotzen, wie seit Monaten beinahe allabendlich. Und wenn ich nebenan für ein paar Minuten lediglich der Tonspur folge, dann höre ich das: Diese Leute, Männer wie Frauen, lustig oder böse, krank oder betrunken, die sind vor allem eines: aus irgendeinem Grunde schwer beleidigt. Die letzten 34 Jahre – Jahre voller Kränkungen.
Das ging los, als sie nach dem Begrüßungsgeld rennen mussten – Almosen. Als sie – kam Kohl mal in den Osten – vor ihm quasi auf die Knie fallen und orgiastische Schreie simulieren mussten. Als sie um das Arbeitslosengeld bangen mussten – Almosen. Als Schröder sie zwang anzugeben, wieviel Geld die Oma ihnen vererbt hat. Und anschließend 16 Jahre lang das verlogene Eiapopeia mit »Mutti«! Und unter Olaf dem Zögerlichen sollen sie nun ihre Heizung in den Hof schmeißen und sich furchtbar vor dem Russen fürchten: Eine endlose Reihe von Beleidigungen. Und so hört man sie grunzen, grummeln, schimpfen, raunen, fluchen, böse auflachen. Denn aus einem traurigen Arsch kommt kein fröhlicher Furz.
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