Mofas

Früher hatten wir frisierte Mofas. Wir drehten ihnen Lockenwickler ein, färbten sie. Manche verpassten ihren Mofas Strähnchen. Wir fuhren nie mit den Mofas. Wir hingen mit ihnen ab. Und zwar am Spielplatz. Dort gab es eine Tischtennisplatte. Wir saßen auf unseren Mofas an der Platte und pafften Zigaretten. Wir waren Rocker.

Wir trugen Kutten, die nach Bier rochen. Wir rieben die Kutten mit den Bärten unserer Väter ein, weil wir selbst noch keinen Alkohol tranken. Wenn die Alten schliefen, schlichen wir uns an sie heran, packten ihre Bärte und rubbelten damit über unsere Kutten, bis sie fürchterlich nach Bier stanken. Außerdem blickten wir grimmig, wenn sich jemand auf den Spielplatz verirrte. Wir knurrten und wedelten mit unseren Kutten, damit gleich klar wurde, dass wir ein Alkoholproblem hatten. Im Winter lagen wir unter der Platte. Später schraubten wir sie ab, weil wir nicht ohne sie sein wollten. Noch viel später löste sich die Gruppe auf.

Wir wurden Bankräuber, Nostalgiker oder gingen in die Wirtschaft, wo wir heute manchmal noch sitzen. Inzwischen trinken wir das Bier selbst. Außerdem haben wir den Verdacht, dass unsere Söhne ihre Jacken mit unseren Bärten bearbeiten. Wir denken an die alten Tage zurück. Ein Leben kann so schnell vergehen. Aber manchmal frisieren wir die Erinnerung daran noch mal auf. Wie damals unsere Mofas.

GR

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