Reichstbürgerl mit Tunnelblick
Von Florian Kech
Wolfgang Porsche hat so gut wie alles erreicht im Leben. Er hat einen zweistelligen Milliardenbetrag auf seinem Sparbuch, ist mit einer echten Prinzessin mit unechten Wangen und falscher Nase verheiratet und lebt auf dem putzigen Kapuzinerberg im Paschinger Schlössl, in dem einst der große Stefan Zweig über die »Welt von Gestern« schrieb und wohin sich vor einigen Jahren der Held von vorgestern zurückgezogen hat. Doch zum vollkommenen Glück fehlten Porsche zwei Kleinigkeiten: eine zündende Idee, wie er seine Automarken vor dem Ruin bewahren kann, und – vor allem! – ein Privattunnel, der sein Schlössl mit dem Salzburger Altstadtl verbindet.
Die zündende Idee war mit der visionären Rückkehr zum Verbrennerantrieb schnell gefunden. In diesem Herbst ging dann endlich auch der Tunnel-Traum des Schlösslherrn in Erfüllung. Die Salzburger Behörden ließen sich nicht lumpen und erteilten ihrem reichsten Mitbürger das Durchbohrrecht für ein sehr faires Betragerl von vierzigtausend Euro und ein paar Zerquetschten. Und so muss der lichtempfindliche Motoren-Mozart seine hausgemachten Sportwagen bald nicht mehr über die öffentliche Landstraße quälen und Zeit totschlagen, die für einen 82-Jährigen wie ihn ohnehin immer mehr zur Mangelware wird, sondern kann ungehindert durch die Exklusivröhre pesen. Selbstverständlich wartet das Jahrhundertbauwerk mit allem auf, was zu einem Porsche-Tunnel dazugehört – sei es die unterirdische Vier-Sterne-Raststätte für den kleinen Hummer zwischendurch oder das De-luxe-Toilettenhäuschen für Menschen mit alters- und konjunkturbedingter Blasenschwäche.
Gegenüber den vereinzelten Neidhammeln unter den Eingeborenen stellte der weltoffene Salzburger Rathauschef klar, dass hier niemand eine Sonderbehandlung genossen habe. »Porsche bekommt, was jeder bekäme«, sagte er laut Spiegel, und mit jedem meinte der SPÖ-Bürgermeister wirklich ausnahmslos jeden deutschen Milliarden-Greis, der sich in Österreich breitmachen möchte.
Der Porsche-Tunnel könnte erst der Anfang sein einer Reihe von privaten Infrastrukturprojekten, die den Ruf Österreichs als unternehmerfreundliches Standortl untermauern. In Sondermailings, die in den kommenden Tagen verschickt werden sollen, will das österreichische Bundesministerium für Infrastruktur und Milliardärsmigration das Zielgrupperl persönlich ansprechen. Dem EULENSPIEGEL liegen drei Anschreiben vor, die hier exklusiv veröffentlicht werden:

Servus, Dieter Schwarz!
Voller Ehrfurcht verneigen wir uns vor Ihrem Lebenswerk, der Erschaffung der beiden menschlichen Segnungen Lidl und Kaufland, wodurch Sie es zu Recht zum reichsten (!) lebenden (?) Deutschen gebracht haben. In Ihren narrisch erfolgreichen 86 Lebensjahren lag es Ihnen stets am Herzen, Ihre Kunden mit Spitzenqualität zu Ramschpreisen zu verwöhnen. Jetzt, hochgeschätzter Herr Schwarz, ist es an der Zeit, auch Ihnen ein Angebot zu machen, zu dem Sie nicht Nein sagen können. Trotz Ihres Reichtums leben Sie in Heilbronn, dem »Norma« unter den südwestdeutschen Städten. Diese Bescheidenheit ehrt Sie, doch Sie haben Besseres verdient! Zum Beispiel eine Residenz in Kitzbühel! Die Abgeschiedenheit in optimierter Natur entspricht Ihrem scheuen Wesen.
Und sollte es Sie mal von dort ins nicht weniger mondäne Innsbruck ziehen, um aufs Goldene Dachl zu steigen, müssen Sie nicht umständliche Kurven fahren. Für eine Direktverbindung lassen wir für Sie exklusiv das Zillertal mit Gletscherwasser fluten. Innsbruck rückte dadurch so nah an Kitzbühel heran, dass Sie in Ihrem biblischen Alter, wenn Sie mögen, bequem übers Wasser laufen könnten.
Den Yachthafen bekommen Sie wie jeder andere auch gratis obendrauf. Wozu haben wir sonst kommunale Haushalte?
Lesen Sie die anderen zwei Anschreiben im EULENSPIEGEL Ausgabe 11/2025:


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