Im Widerstand

Als ich gestern wach wurde, spürte ich sofort, dass in meinen Adern etwas Revolutionäres aufwallte. Flugs ging ich ins Bad, spritzte aus Protest die Zahnpasta neben die Bürste aufs Becken und betätigte die Klospülung zweimal, obwohl ich nur einmal gemusst hatte. Am Frühstückstisch verteilte ich als Zeichen meines Aufbegehrens alle Krümel neben den Teller und machte mit dem nicht abgewischten Finger absichtlich einen Fettfleck in die Zeitung. Das hatten sie nun von ihren ewig schlechten Nachrichten! Verächtlich spuckte ich ins Spülbecken. Als nächstes putzte ich wie alle Radikalen die Schuhe nicht und zog meine Jacke linksherum an. Danach steckte ich noch die Pausenbrote lose in die Hosentasche, und gemeinsam mit ihnen weigerte ich mich dann aus Prinzip, überhaupt zur Arbeit zu gehen.

Es war ohnehin Sonntag. Die restlichen Stunden verbrachte ich mit dem Reinigen von Badezimmer, Küche und Schuhen sowie mit dem Bügeln der Jacke. Die speckige Zeitung brachte ich in die Tonne, und das Spülbecken musste auch noch geputzt werden.

Selbst aufzuräumen, war echt das Revolutionärste, was ich in meinem bisherigen Leben geleistet hatte!

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Zeichner: TIM FEICKE
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