meisterwerke

Kunst von EULENSPIEGEL-Lesern, gediegen interpretiert

Olaf Schmalbein, Berlin

Seit der »Anatomie des Dr. Tulp« und van Honthorsts »Zahnarzt« haben Kunstwerke über Mediziner eine Wandlung erfahren. Wurde der Arzt früher als heilender Metzger dargestellt, überwiegt seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts der Arzt als Sportwagenfahrer mit passablem Golf-Handicap. Einen typischen Vertreter dieses Kunst-Genres haben wir hier vor uns.
Auch wenn das Bild aufgrund des verwendeten, neckischen Vokabulars – »böse, böse«, »Mäuschen«, »Hose runter!« – auf den ersten Blick aussieht wie die kaum verschleierte sexuelle Projektion eines frustrierten Künstlers, der mal wieder ordentlich durchgeimpft werden möchte, erweist es sich bei näherer Betrachtung als fundierte Kritik am Zustand des Gesundheitswesens:

Ein Veterinär, kein Humanmedizinier, erklärt einer Patientin seine Bereitschaft, an ihr eine »Coronauntersuchung« vorzunehmen. Es ist das typische Ärzte-Kauderwelsch, das den Patienten ratlos zurücklässt. Sind die geheimdienstlichen Untersuchungen gemeint, die den Ursprung von SARS-CoV-2 aufzudecken versuchen? Plant er, sich Planetenoberflächen näher anzusehen? Oder meint er gar eine Untersuchung der Koronargefäße? Der eine Handschuh, den er trägt, deutet darauf hin, dass der Arzt direkt von der Besamung einer Kuh zur Patientin geeilt ist, die Spritze, laut Aufschrift mit der mysteriösen Substanz WHO gefüllt, erheischt ebenfalls wenig Vertrauen. Offensichtlich handelt es sich nicht um einen seriösen Arzt, sondern um einen Vollidioten, der auf Doktorspielchen steht. Kurz: Die Patientin erleidet das Schicksal eines jeden gesetzlich Krankenversicherten.

Selten wurde dem Gesundheitswesen deutlicher der Spiegel vorgehalten.

K. Lauterbach

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